Fundstück: „Die Stunden“ von Michael Cunningham

Drei Frauen, drei Zeitstränge, ein Tag. Bild: btb-Verlag

Da ist die eine Frau im New York City der 90er-Jahre, die eine Party schmeißen möchte. Die eine im Los Angeles der 1940er Jahre, die einen Geburtstagskuchen backen will. Und schließlich eine im Jahr 1923 in Richmond, die mit dem Beginn eines Buches kämpft, das später den Titel Mrs. Dalloway tragen wird.

Drei Frauen, drei Schicksale: Clarissa Vaughn, Laura Brown und Virginia Woolf, verbunden durch ein großes Stück Literatur, in Ausschnitten erzählt an jeweils einem einzigen Tag aus ihrem Leben. Clarissa, die von ihrem an AIDS erkrankten Jugendfreund liebevoll Mrs. Dalloway genannt wird, Laura, die das Buch als Flucht aus ihrem Alltag nutzt und Virginia, die mit dem perfekten ersten Satz ringt, mit innerer Unruhe und den Stimmen, die sie hört.

„Noch immer ist da dieses einzigartige Hochgefühl, das zum Teil daher rührt, daß seinerzeit alles so verheißungsvoll, so vielversprechend schien. Jetzt weiß sie Bescheid: Das war der Moment, genau damals. Einen weiteren hat es nie gegeben.“

Die Stunden war der Arbeitstitel von Mrs. Dalloway. Virginia Woolf hat mit dem Buch und ihrer Protagonistin gekämpft, aber noch mehr mit sich selbst. Michael Cunningham überträgt in drei Zeitebenen die Themen, die die Figur Clarissa Dalloway in Woolfs Roman beschäftigen, auf die Lebenssituation und in die Gedankenwelten der drei Frauen: gesellschaftliche Anerkennung, Alltag, Liebe, Nostalgie, Tod, Verzweiflung, Glück. Die kleinen und großen Momente eines Lebens, die Wertigkeit eines einzigen Tages mit all seinen kleinen Siegen und Verlusten, eine Parabel auf das Leben. Dabei wechselt Cunningham gekonnt zwischen den Handlungs- und Zeitsträngen und verwebt die Schicksale miteinander, sodass Clarissa, Laura und Virginia am Ende des Buches mehr gemeinsam haben, als es zu Beginn den Anschein hat.

Michael Cunningham ist für diesen Roman unter anderem mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet worden. Das Buch polarisiert. Ich schließe mich mit Inbrunst denjenigen an, die es großartig finden.

Der Roman ist auf der Seite der Verlagsgruppe Randomhouse für 9,99 Euro als Taschenbuch erhältlich.

Storytelling-Plattform Wattpad verkauft

600 Mio. $ gehen für Wattpad über den Tisch. Bild: pixabay

Spätestens seit dem Mega-Netflix-Erfolg The Kissing Booth von Beth Reekles oder Anna Todds After-Reihe ist Wattpad den meisten ein Begriff. Es handelt sich um die erfolgreichste Storytelling-Plattform weltweit, auf der User*innen ihre eigenen Geschichten veröffentlichen und in den Werken anderer stöbern können. Seit ein paar Tagen kursieren Gerüchte über Verkaufsgespräche mit diversen Interessenten um Wattpad, nun ist es offiziell: Die südkoreanische Firma Naver hat sich den Deal gesichert. Weiterlesen

Fundstück: Das Feierabendbuch – Jetzt auch digital

Wie lange ist es bereits her, dass man sich mit jemanden Angesicht zu Angesicht über Bücher austauschen konnte? Bild: CCO Pixabay

Beim Feierabendbuch handelt es sich um eine Veranstaltung, deren Ziel es ist, über Neuerscheinungen des Buchmarktes bzw. Leseproben zu reden, die vorher ausgewählt werden, und eines als Gewinner der Runde zu küren. Ein Buchclub ohne Mitgliedschaft und zu erfüllende Pflichten, wenn man so will. Ausgetragen wird sie von der Redaktion Gegenwartskulturen des Magazins literaturkritik.de, die ihren Sitz an der Uni Duisburg-Essen hat. Nach einer halbjährigen Pause wegen der Corona-Vorsichtsmaßnahmen und zwei Terminen, in denen sich das digitale Beisammensein beweisen musste, lässt sich sagen, das Feierabendbuch ist zurück. Vielleicht kommen auch die Freiexemplare wieder; der Titel, der jeweils am meisten Anspruch fand, wurde dank der Heinrich Heine Buchhandlung an einen der Teilnehmenden verlost.

Am Mittwoch, dem 20.01.2021, um 18:00, findet es wieder statt. Um eine Einladung zur Zoom-Konferenz zu bekommen, muss man sich nur bei der Redaktion melden. Besprochen werden Anke Stellings Grundlagenforschung und Der Letzte Satz von Robert Seethaler, allerdings kann man auch einfach nur zuhören. Die Runde ist offen für alle, nicht nur für Universitätsangehörige. Die Informationen, Mail-Adressen sowie Links zu den Leseproben befinden sich auf der Seite des Feierabendbuchs.

Neues Jahr, neues Glück: Eine Lektüreempfehlung

Das Café am Rande der Welt

(Bild: www.johnstrelecky.com/)

Es ist Anfang Januar, und damit Zeit für einen Neuanfang. Wie jedes Jahr, haben wir uns bestimmt alle Vorsätze für das neue Jahr gemacht – einer, den wir alle teilen: Dieses Jahr halte ich mich aber wirklich länger als zwei Wochen an die Vorsätze!

All denjenigen, die mehr lesen oder ein neues Genre ausprobieren möchten, die achtsamer leben wollen, die sich etwas verloren oder deplatziert fühlen, oder die ihre Prioritäten im Leben überdenken wollen, möchte ich Das Café am Rande der Welt ans Herz legen.

John Strelecky nimmt uns nicht nur mit auf die Reise eines gehetzten Anzugträgers, sondern lässt uns mithilfe von witzigen, süßen, und einfach verständlichen Anekdoten sowie tiefgründigen Fragen unser eigenes Leben überdenken. Das Buch ist dabei so gestaltet, dass die sehr kurzen, illustrierten Kapitel überall gelesen werden können – ganz egal, ob bei einer ausgiebigen Lese-Session auf dem Sofa, in der Bahn, oder in der Küche, während das Teewasser aufkocht. Weiterlesen

Fundstück: Spiritfarer

Entspannter Umgang mit dem Tod. Bild: Thunder Lotus Games

Das neue Jahr hat gerade begonnen und der gesellschaftliche Konsens ist ein positives Nachvorneschauen. Doch Abschiede sind nicht immer so leicht wie bei dem letzten Nicken in Richtung 2020. Sie sind häufig schmerzvoll und langwierig, insbesondere dann, wenn sie einen unerwartet treffen. Genau diesen Prozess greift Thunder Lotus Games in ihrem 2020 erschienen Spiel Spiritfarer auf.

Die Spieler*innen schlüpfen hier in die Rolle von Stella, frisch auserkorene Fährfrau, die sich um verlorene oder einsame Seelen auf ihrer Überfahrt ins Jenseits kümmert. Die Seelen bekommen auf der Fähre ein eigenes Zuhause und finden bei Stella ein offenes Ohr. Die Spieler*innen kümmern sich darum, dass das Lieblingsessen gekocht und die Umgebung angenehm ist. Das Spiel ist ein gemütliches Management-Spiel, in welchem Ressourcen gesucht und abgebaut werden müssen und mit jeder neu entdeckten Insel nicht nur die Spielwelt, sondern auch die eigene Akzeptanz wächst. Während der knapp 40 Stunden Spielzeit gelingt es Thunder Lotus ein schwieriges und emotional belastendes Thema so zu vermitteln, dass es nicht an Tiefe, aber an Angst verliert.
Ja, es ist ein Spiel mit dem Tod und jeder Abschied ist herzzerreißend, da die starke Charakterdarstellung dazu führt, dass zwischen Spieler*innen und den Bewohnern in kürzester Zeit eine starke emotionale Bindung aufgebaut wird. Und dennoch ermöglicht Spiritfarer durch seine Optik, die einzigartigen Charaktere und die entspannten Spielmechaniken eine Umgebung, in der eine Auseinandersetzung mit dem Tod und der Endgültigkeit von Abschieden überraschend leicht von der Hand geht. Der Eindruck, den das Spielerlebnis hinterlässt, ist deshalb jedoch nicht weniger eindrucksvoll und langlebig.

 

Spiritfarer (PC, PS4, Xbox One, Switch), 24,99€

Und was ist mit Silvester? – Ein paar Vorschläge aus der medialen Welt

Ein kleines Ersatz-Feuerwerk in Bildform. (Bild: Pixabay)

Jetzt haben wir euch wochenlang auf das diesjährige außergewöhnliche Weihnachtsfest vorbereitet. Ihr wisst nun zum Beispiel, welche Bücher ihr lesen oder verschenken könnt, dank unserer traditionellen Reihe „Kein Weihnachten ohne Bücher“. Oder wo es Last-Minute-Weihnachtsgeschenke gibt und wo ihr nette Gedichte fürs Fest findet. Die Tage vom 24. bis zum 26. Dezember könnt ihr also hoffentlich richtig geniessen, auch wenn Weihnachten dieses Jahr für die Meisten ziemlich eingeschränkt stattfindet.

Nun bleibt nur noch eine Sache für dieses Jahr zu klären: Was ist eigentlich mit Silvester? Das unterliegt ebenfalls strengen Regeln und eine fette Hausparty mit viel Alkohol und Feuerwerk ist definitiv nicht drin. Es muss also einen anderen Weg geben, gut ins neue Jahr zu kommen. Hier ein paar Vorschläge:

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Fundstück: Lockdown Last Minute Geschenke

Im Lockdown muss der Laptop her – locals unterstützen geht aber auch online. Bild: pixabay

Kein arktischer Honig für die Mutter, Merinowollsocken für Oma oder das bedruckte Bierglas für den Vater dieses Jahr. Ohne Weihnachtsmärkte dafür im Lockdown wird das Last-Minute-Geschenke-Shopping noch schwieriger als sonst. Für alle, die zusätzlich noch darauf verzichten den Versandhandel-Riesen zu unterstützen und stattdessen die locals supporten möchten, gibt’s hier drei Tipps für den Geschenke-Kauf:

 

Wir sind für Sie da. Ihre Apotheke/Tankstelle für die geistige Gesundheit und Notversorgung!“, so betitelt es die Rüttenscheider Buchhandlung Alex liest Agatha. Denn trotz Ladenschließung kann man die Kleinen und Großen im Freundes- und Bekanntenkreis mit Geschichten versorgen. Viele Buchhandlungen haben kontaktlose Abholkonzepte entwickelt und locken mit Bestellaufträgen bis zum 23.12. So kann man beispielsweise selbst noch am 24. Bestellungen bei Bücher Schirrmeister abholen.

Für diejenigen, die sich noch nicht genug „eingeschlossen“ fühlen, haben diverse Escape Room-Anbieter Lösungen für zu Hause entwickelt. Der Rätselraum Ruhrpott bietet zum Beispiel print-at-home Rätsel für bis zu sechs Spieler*innen an – perfekt für die kleine Familienrunde. Wenn ihr beschlossen habt euch dieses Jahr nur virtuell zu treffen, gibt es von vielen Escape Rooms Online-Fälle zu lösen. So könnt ihr euch per Videocall miteinander verbinden und über einen geteilten Bildschirm gemeinsam Detektivarbeit leisten. Ob nordischer Krimi oder magische Mysterien, Rätselspaß für zwei oder bis zu vier Stunden, von 6 bis 20 Euro – hier ist für jede*n was dabei. Häufig könnt ihr Gutscheine oder aber direkt das Rätsel kaufen. Bei LOCKED gibt es für einen solidarischen Euro obendrauf noch einen unsichtbaren Umhang, damit ihr für die Zauber-Rätsel auch perfekt ausgerüstet seid.

„Die Veranstaltungsbranche – der Kollateralschaden von Covid 19. Für viele von uns bedeutet die Pandemie von heute auf morgen, keine Jobs, keine Aufträge und keine Perspektive. Keine Unterstützung von Seiten der Regierung.“ So drastisch beschreibt Kulturgesichter NRW die aktuelle Lage. Mit dem Slogan „Ohne uns ist’s still“ macht die Kulturszene deutschlandweit auf sich aufmerksam und gibt den Bühnenbauern, Nightliner-Fahrern, Caterern und all denjenigen, die normalerweise für dein perfektes Konzert/Kino/Theater/Club-Erlebnis ackern, ein Gesicht. Unterstützen könnt ihr die Kulturgesichter NRW zum Beispiel mit dem Kauf eines Hoodies, T-Shirts oder einer Maske. Auch der Kauf von Konzerttickets kann gerade für kleinere Künstler*innen und Veranstalter eine Stütze sein. Hierbei besteht aber immer das Restrisiko, dass geplante Veranstaltungen auch im kommenden Jahr noch Corona zum Opfer fallen und es aufgrund von Insolvenzen keine Rückerstattung geben kann.

Stille Nacht

Bleibt zu Hause! 🙂 gefunden auf pixabay

Für viele fängt mit dem ersten Dezember und manchmal sogar schon im November eine ganz besondere Zeit an. Jetzt ist der Dezember schon ziemlich weit fortgeschritten, aber das alljährliche Festtagsgefühl will sich trotzdem nicht so richtig einstellen. Auf unserem Adventskranz machen wir heute bereits die vierte Kerze an. Geschenke wurden bestellt (manche werden es noch auf den letzten Drücker). Glühwein wurde  getrunken, Plätzchen gebacken, der ein oder andere Weihnachtsfilm geguckt. Eigentlich ist alles wie jeden Dezember. Aber irgendwie doch so anders. Weihnachtsmärkte bleiben geschlossen, Weihnachtsfeiern finden online statt und die Weihnachtsfeiertage werden viel ruhiger, als wir es bisher gewohnt waren. Weiterlesen

Kein Weihnachten ohne Bücher – Teil 4

Der Weihnachtsmann bringt schon seit einigen Jahrhunderten Geschenke zu Artigen Kindern. Bild: pixabay

Vier Tage noch, dann ist es wieder soweit. Heilig Abend steht direkt vor der Tür und das bedeutet vor allem eines: Geschenke! Doch wer bringt die guten Gaben und platziert sie unter dem Weihnachtsbaum? Vielerorts ist dafür eine besondere Person zuständig: Der Weihnachtsmann, oder wie er in den USA genannt wird, Santa Claus. Bei dem weißbärtigen, runden, keks- und milchliebenden Mann handelt es sich wahrscheinlich um die beliebteste Figur zur Weihnachtszeit. Er ist auf Postkarten zu sehen, wird in Schokoladenform verspeist und hängt als Ornament am Weihnachtsbaum. Doch viele Leute wissen nicht wirklich wo der Mythos um den schnellsten Paketzusteller der Welt eigentlich herkommt. Einige Zyniker behaupten, dass der Getränkekonzern Coca Cola den freundlichen alten Mann vom Nordpol erfunden habe. Dies ist nur bedingt richtig. Coca Cola benutzte das Bild des Weihnachtsmannes, so wie wir es heutzutage kennen, als erstes in einer sehr erfolgreichen Werbekampagne im Jahre 1931, das Prinzip des Weihnachtsmannes gab es jedoch schon lange vorher. Der echte Weihnachtsmann basiert auf dem heiligen Bischof St. Nikolaus, welcher im 4ten Jahrhundert AD arme Kinder beschenkt haben soll. Während der Reformation wurde der Weihnachtsmann aus vielen Haushalten verbannt, da man Heilige nicht verehren wollte. Stattdessen wurde das Christkind populär. Der Weihnachtsmann, also St. Nikolaus, wurde auf den 6. Dezember degradiert. Diese Differenz lässt sich tatsächlich auch heute noch nachvollziehen. In katholischen Haushalten kommt eher der Weihnachtsmann, in protestantischen kommt eher das Christkind.

Wer auch immer bei euch die Geschenke bringt, Digitur hat, wie an jedem Adventstag, eine neue Liste mit tollen Lesevorschlägen für euch parat.

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Fundstück: Ein Comeback für Weihnachtsgedichte

Huch, wir haben ja schon fast Weihnachten!

Doch dieses Jahr wird es leider keine große Familienfeier geben können. Nur im kleinsten Kreis zusammen essen und Geschenke auspacken, steht bei vielen noch auf dem Programm, aber eine richtig besinnliche Stimmung kommt dabei wohl eher nicht auf…

Mein Tipp: Tragt doch einfach ganz old school am Heiligen Abend ein Weihnachtsgedicht vor (auch geeignet für die Familien-Zoomkonferenz). Oder schreibt es auf eine schöne Weihnachtskarte und sendet es den Familienmitgliedern zu, die dieses Jahr vielleicht alleine verbringen müssen. Ein kurzes Gedicht kann viel zur Weihnachtsstimmung beitragen.

© pixabay

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Wer nun keine dicken Gedichtbände zu Hause stehen hat, sollte jetzt aber nicht verzweifeln. Der Berliner Tagesspiegel hat, extra für das diesjährige Weihnachten, eine Website mit Tipps und lesenswerten Artikeln rund um das Corona-Weihnachten erstellt – So auch eine eigene Sammlung an traditionellen Weihnachtsgedichten. Von „Von drauß vom Walde komm‘ ich her“ über „Der Bratapfel“ bis „Knecht Ruprecht“, lässt sich hier einiges finden.

Also lasst uns doch dieses Jahr gemeinsam das Comeback der Weihnachtsgedichte pushen!

Hier findet ihr die Seite.