Fundstück: Kummer aller Art von Mariana Leky

Quelle Cover: DuMont-Verlag

Da ist Frau Wiese, die oben wohnt, Konflikte meidet und von Schlaflosigkeit geplagt wird. Da ist der ältere Herr Pohl, der einen Zwergpinscher-Mix namens Lori besitzt und sehr viel Angst vor geschlossenen Anlagen hat. Und da ist die Protagonistin selbst mit ihrem „Kränchenfimmel“, dem Tick, vor dem Verlassen der Wohnung immer noch einmal zu schauen, ob der Wasserhahn auch wirklich abgedreht und der Herd auch wirklich ausgeschaltet ist. Menschen und ihr Alltag: ihre kleinen und großen Sorgen, kleinen und großen Ängste, kleinen und großen Probleme. Mariana Leky erzählt in ihrem neuen Buch von „Kummer aller Art“ – präzise, nah und ohne Kitsch.

Die Mechanismen, die unser Gehirn im Zusammenspiel mit unserem Körper entwickelt, um trotz vieler Widerstände eine möglichst erträgliche Situation für uns zu schaffen, den Alltag gut machbar und die vielen kleinen und großen Herausforderungen leistbar erscheinen zu lassen, sind erstaunlich. Die Konsequenzen dieser Anstrengungen, die sich in Ängsten, Zwängen oder augenscheinlich nicht erklärbaren Symptomen bemerkbar machen, wirken wie Zahnräder, die sich aus einem funktionierenden Getriebe lösen und ein Innehalten erzwingen.

Dieses Buch ist zweierlei: Zum einen ein Plädoyer für einen achtsamen und liebevollen Umgang mit dem physischen und psychischen Zustand von sich und anderen. Dabei braucht Leky keinen erhobenen Zeigefinger, sondern weist einfühlsam, verschmitzt und liebevoll mit jeder Geschichte daraufhin, dass wir Menschen in unserer Komplexität doch irgendwie wundersam und großartig sind. Auf der anderen Seite steht die pragmatische Erkenntnis, dass wohl kaum jemand ohne Kummer durch die eigene Lebensgeschichte wandert. Die einen mehr, die anderen weniger, aber wahrscheinlich tragen alle ihr Päckchen mit sich herum. Und das ist, auf eine nüchterne Art, doch irgendwie tröstend.

Die Geschichten sind ursprünglich in der Zeitschrift Psychologie heute als Kolumne erschienen. Für diesen Band hat die Autorin die Texte überarbeitet. Das Buch ist für 22,00 Euro auf der Webseite des DuMont-Verlags erhältlich.

Fundstück: „Du bist so schön, sogar der Tod erblasst“ von Akwaeke Emezi

Foto: Luca Gerke

Feyi will wieder lebendig sein. Jahrelang hat sie die Trauer um ihren Ehemann, der bei einem Autounfall ums Leben kam, gelähmt. Doch jetzt ist die junge Künstlerin bereit, sich auf Neues einzulassen. Auf einer Party begegnet sie Milan und nur einige Zufälle und schicksalhafte Verstrickungen später sitzt Feyi mit Milans Freund Nasir im Flugzeug, auf dem Weg in die Karibik, um dort ihre Kunst auszustellen.

Eine Liebesgeschichte ohne Kitsch

Du bist so schön, sogar der Tod erblasst wird als Neuerzählung der ‚klassischen Liebesgeschichte‘ angepriesen. Tatsächlich ist es Akwaeke Emezi gelungen, einen Liebesroman fernab von Kitsch und Klischees zu schreiben. Ist man sich zu Beginn des Romans noch sicher, wie dieser enden wird, stellt Emezi wenig später alle Erwartungen auf den Kopf. Anders als andere Liebesromane rückt Du bist so schön, sogar der Tod erblasst nicht nur heterosexuelle, romantische Liebe in den Vordergrund, sondern auch ihre unzähligen anderen Spielarten.

„Es gibt so viele verschiedene Arten von Liebe, jemand kann dir auf viele Arten treu sein und ein Teil deines Lebens werden, auch ohne dass ihr ein Paar seid. Und keine Art Liebe ist wichtiger als die andere“.

Vielschichtiges Leseerlebnis

Doch nicht nur die Liebe wird in Du bist so schön, sogar der Tod erblasst beleuchtet, auch die Trauer findet ihren Platz im Roman, denn die Gefühle, die Feyi in der Karibik überfallen, rufen alte Erinnerungen an ihren verstorbenen Mann hervor. Emezi findet eine gelungene Balance aus Tropenparadies und Trauer, aus Leichtigkeit und Tiefe. Immer wieder zweifelt Feyi, hinterfragt ihre Entscheidungen und Emotionen – und immer wieder entscheidet sie sich für neue Wagnisse.

Nicht zuletzt besticht Du bist so schön, sogar der Tod erblasst durch sein Setting. Die Beschreibungen der tropischen Insel mit all ihren Farben, Gerüchen und Geräuschen lösen ein überwältigendes Fernweh aus und machen den Roman so zur perfekten Sommerlektüre.

Fundstück: Parable of the Sower von Octavia E. Butler

 Parable of the Sower ist ein dystopischer Roman von Octavia E. Butler der häufig im Zusammenhang mit George Orwells 1984 oder Margaret Atwoods The Handmaid’s Tale benannt wird. Es handelt sich um die Geschichte der 15-jährigen Lauren, die versucht, in einem dystopischen Amerika der 2020er Jahre, mit ihrer Familie zu überleben.

Das Buch thematisiert Probleme, die aus dem Klimawandel entstehen. Naturkatastrophen sind keine Seltenheit mehr sondern ereilen Amerika in regelmäßigen Abständen. Die Politik ist handlungsunfähig, kriminelle Banden regieren das Land und die Polizei ist zu großen Teilen korrupt. Auch Themen wie Armut und moderne Sklaverei werden thematisiert.

Als Laurens noch mehr oder weniger heile Welt eines Tages aus den Fugen gerissen wird, muss sie versuchen zu überleben. Dabei geht es vor allem um Vertrauen in ihre Mitmenschen, Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit. Lauren muss Erwachsen werden und ihren Platz in der Welt finden.

Neben den dystopischen Elementen lassen sich auch philosophische Ansätze in Laurens Religionsgründung finden. Unabhängig vom Glauben ihrer Eltern entwickelt sie eine eigene Religion, nach der sie zu handeln versucht, um die Welt für sich und andere zu einem lebenswerten Ort zu machen. Das wichtigste Element dieser Religion ist der Wandel: Die Welt, die sich wandelt, aber auch die Veränderung, die jeden individuellen Menschen betrifft.

All that you touch / You Change.
All that you Change / Changes you.
The only lasting truth / Is Change.
God / Is Change.

 

Die deutsche Version Die Parabel vom Sämann gibt es bei Thalia für 15€ zu kaufen.

Fundstück: „Hass“ von Şeyda Kurt

Nachdem 2021 ihr erstes Buch Radikale Zärtlichkeit erschien, widmet sich Şeyda Kurt nun in einem gleichnamigen Essay dem Hass. Was auf den ersten Blick wie eine programmatische Kehrtwende aussieht, liest sich vielmehr wie ein Nachtrag zum Konzept der radikalen Zärtlichkeit. Ausgehend von der Frage, ob „wir auch Nazis gegenüber zärtlich sein müssen“ – die Antwort ist nein – nähert sich Şeyda Kurt dem Gefühl, das gar nicht sein darf. Politiker:innen, Vertreter:innen der Kirche oder Schriftsteller:innen mahnen regelmäßig, Hass dürfe nicht mit Hass beantwortet werden. Şeyda Kurt trotzt diesen Mahnungen. Sie nimmt ihre metaphorischen Ausstechförmchen zur Hand und beginnt, den Hass, diesen unförmigen Klumpen Plätzchenteig, in greifbare Formen zu zerteilen.

Hass als Strategie

„Hass“ wirft auf wenigen Seiten viele Fragen auf. (Bild: Luca Gerke)

Einen besonderen Platz auf dem Backblech hat Şeyda Kurt dem strategischen Hass reserviert. Diese „treibende Kraft für ein gemeinschaftliches Streben nach Veränderung“ ist der Hass, mit dem marginalisierte Personen auf der ganzen Welt ihren Unterdrücker:innen die Stirn bieten. Kurt zeichnet eindrucksvolle Porträts dieser Unterdrückten, unter anderem der kurdischen Widerstandskämpferin Sakine Cansız oder Luisa Toledo Sepúlveda, die ihr Leben lang Proteste gegen Pinochets Militärdiktatur in Chile entfachte. Diese Schnappschüsse verwebt Kurt mit autobiographischen Einschüben und Fragmenten aus Maxim Gorkis Drei Menschen zu einem Geflecht des Hasses. Dieses Geflecht wuchert jedoch nicht wie ein Geschwür des Hasses unkontrolliert und zerstörerisch. Es gedeiht zielgerichtet und getrieben von der Hoffnung auf eine Welt ohne kapitalistische, rassistische oder patriarchale Unterdrückung.

Şeyda Kurts Essay löst Wut und Optimismus zugleich aus. Wut auf unterdrückerische Systeme; Optimismus, dass wir diese überwinden können, wenn wir unseren Hass kanalisieren. Hass ist nicht nur widerständig, sondern auch widersprüchlich. Auf den gut 200 Seiten werden mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Hass ist ein Anstoß, eine Ermutigung mithilfe des verbotenen Gefühls Utopien zu bauen.

Fundstück: The Ones Who Walk Away from Omelas

(Foto: Johanna Jendrysek)

In ihrer Kurzgeschichte The Ones Who Walk Away from Omelas kreiert Ursula K. Le Guin ein spannendes Gedankenexperiment: Der märchenhafte Ort Omelas liegt zwischen den Bergen und nahe am Meer. Er scheint der Ort des materialisierten Glücks zu sein und wird ausschließlich von zufriedenen Menschen bewohnt.

Das Glück dieser Gesellschaft kommt jedoch nicht ohne Preis: Ein einziges Kind, vernachlässigt, allein und ohne Kontakte zur Außenwelt, lebt in einem der schillernden Gebäude der Stadt und sein Leid ist der Preis für das gesamte Glück der anderen:

„[…] they all understand, that their happiness, the beauty of their city, the tenderness of their friendships, the health of their children […] depend wholly on this child’s abominable misery.” (S.6)

Während ein Großteil der Gesellschaft sich dazu entschließt, das Leiden des Kindes hinzunehmen, um weiterhin ein sorgenfreies Leben führen zu können, gibt es hin und wieder Personen, die sich entschließen Omelas den Rücken zu kehren. Sie können nicht mit dem Gedanken leben, auf dem Leid eines anderen Menschen ihr Glück aufzubauen.

Die philosophische Erzählung kann, wie Le Guin selber schreibt, für jeden etwas anderes bedeuten. Beim Lesen stellt man sich unweigerlich die Frage, wie man selbst reagieren würde. Die meisten würden vermutlich behaupten, dass sie zu denjenigen gehörten, die Omelas verlassen würden. Aber wenn man genauer darüber nachdenkt, stellt sich unweigerlich die Frage: Stimmt das? Leben wir nicht auch in einer ähnlichen Gesellschaft, deren Luxus auf dem Leid anderer beruht?

The Ones Who Walk Away from Omelas gibt es bei Thalia für 4,66€ als eBook zu kaufen.

Fundstück: „seven methods of killing kylie jenner“ von Jasmine Lee-Jones

„RETWEET, LIKE, FOLLOW, LIKE, REPORT, UNFOLLOW, QUOTE TWEET, OMG, OMG, OMG“

(Foto: Hannah Mallwitz)

Für Theaterfans wie mich gilt der Welttag des Theaters am 27. März fast schon als Feiertag, weshalb ich ihn jedes Jahr mit einem Theaterbesuch oder dem Lesen eines Dramas zelebriere. In diesem Jahr ist es ein innovatives Drama, das nicht nur auf der Bühne, sondern auch als Buch den Puls der Zeit trifft. In Jasmine Lee-Jones‘ seven methods of killing kylie jenner nimmt niemand ein Blatt vor den Mund und es wird gnadenlos ermittelt, was es bedeutet, als schwarze Frau in Zeiten von Social Media zu leben. Für ihr Werk erhielt Lee-Jones‘ im Alter von 21 Jahren nicht nur einen Olivier Award, sondern auch den Europäischen Nachwuchsdramatiker:innenpreis des Schauspiel Stuttgart 2020.

Wilkommen in der Twittersphere

Cleo und Kara sind beste Freundinnen von Kindesalter an. Als Cleo sich jedoch bei ihren Nachforschungen zu strukturellem Rassismus ausgerechnet auf Twitter über das Blackfishing von Berühmtheiten wie Kylie Jenner aufregt, löst sie damit nicht nur eine Woge an Beschimpfungen online aus, sondern auch Kara fühlt sich von Cleos Tweets betroffen. Was folgt ist eine politisch korrekte und auch herzzerreißende Auseinandersetzung damit, wie Rassismus, Sexualität und Freundschaft die Leben der beiden jungen Frauen beeinflussen und sie voneinander trennen und zusammenbringen.

Besonders an diesem Drama ist, wie es die Figuren mit ihrer Onlinepräsenz verknüpft und so ein, häufig theatralisch überzogenes, Bild des Einflusses von Social Media auf junge Menschen zeichnet. Auf der Bühne können online und offline Welten räumlich dargestellt werden, in Buchform geschieht die Trennung jedoch auf eine ungewöhnliche Art und Weise. Den Text begleiten immer wieder abgedruckte Tweets und Memes, durch welche ein direkter Bezug zur Onlinekultur genommen wird. Die popkulturelle und für die Handlung relevante Bedeutung muss von den Lesenden zusammen mit den Hauptfiguren gedeutet werden. Dies stellt nicht nur in der Diegese die Bedeutung des Internets für die Hauptfiguren dar, sondern führt auch den Lesenden vor Augen, wie sehr sie selbst in der Onlinekultur involviert sind.

seven methods of killing kylie jenner ist bei Methuen Drama erschienen und kostet in der EU derzeit 9,99 €.

Fundstück: „Kleinstadtnovelle“ von Ronald M. Schernikau

„Kleinstadtnovelle“ von Ronald M. Schernikau (Bild: Leonard Masloch)

ahnung von liebe schon jetzt in der steinzeit“

1980 erstveröffentlicht und immer noch lesenswert: In seiner Kleinstadtnovelle thematisiert Ronald M. Schernikau die Schwierigkeit, sich in einer (mit heutigen Begriffen) hetero-normativen Gesellschaft zurechtzufinden, wenn man eben nicht jenen Gesellschaftsnormen entspricht.

Der schwule Protagonist, dessen Name nur mit b. abgekürzt wird, verliebt sich in seinen Schulkameraden leif. Eine sich zwischen beiden entwickelnde Liebhaberschaft wird letztlich zu einem Schulskandal, nachdem leif b. der Verführung beschuldigt und diese meldet. In der Kleinstadt entwickelt sich rasch ein öffentlichkeitswirksames Schauspiel, auf dessen Höhepunkt die Eltern, Lehrer*innen sowie b. und leif auf einer Schulkonferenz Stellung zum vermeintlichen Skandal beziehen sollen.

Schernikau schafft es hier auf nicht einmal 90 Seiten die Absurdität der selbstzerstörerischen Befolgung toxischer Männlichkeitsideale herauszustellen und den sozialen Sinn unterdrückerischer, primär binär-kodierter Geschlechterverständnisse in durchaus auch kapitalismuskritischer Weise zu hinterfragen. Kleinstadtnovelle ist ein trauriges, aber subtil hoffnungsvolles Buch, das leider noch immer aktuell ist.

„der wille zur subkultur? auch, und die einsicht: kein glück hier und heute. wer das weiß, widersprüche unlösbar sein läßt und sich konzentriert auf machbares, der hat zukunft.“

Kleinstadtnovelle ist zur Zeit beim Konkret Literatur Verlag im Programm und kostet 12,00 Euro.

Fundstück: „Bunny“ von Mona Awad

„Ein Fiebertraum“, „Mean Girls auf LSD“, „verstörend“. So beschreiben User:innen den Roman Bunny von Mona Awad auf Instagram und TikTok. Schneller kann man mich nicht überzeugen, ein Buch in die Hand zu nehmen.

„I love you, Bunny“

Samantha ist eine Außenseiterin an der fiktionalen Warren University. Die Eliteuni ist für ihren harten Auswahlprozess und experimentellen Zugang zum kreativen Schreiben berüchtigt. Ihre vier Kommilitoninnen bilden eine Clique, die Bunnys. Sie tragen sündhaft teure Kleidchen, umarmen einander theatralisch, finden die Kurzgeschichten der jeweils anderen so innovativ und nennen einander Bunny. Als die Bunnys Samantha zu einem ihrer geheimnisvollen smut salons einladen, glaubt diese noch an einen Scherz. Sie akzeptiert jedoch die Einladung und wird in die Bunny-Clique hineingesogen. Was dann geschieht, dehnt und sprengt die Realität so sehr, dass am Ende nicht mehr klar ist, was eigentlich passiert ist – und was nicht.

Der Roman „Bunny“ wurde hauptsächlich durch soziale Netzwerke populär. (Foto: Luca Gerke)

Literatur in den sozialen Medien

Ich finde Bunny nicht nur wegen seiner haarsträubenden Handlung so interessant, sondern auch, weil seine Präsentation im Internet zeigt, wie Literatur und soziale Medien miteinander verwoben sind. Populär wurde Bunny nämlich – wie soll es anders sein – auf TikTok. Während der Roman noch immer als „the weirdest book you’ll ever read“ angepriesen wird, sind andere User:innen längst dazu übergegangen, die Ästhetik des Romans einzufangen – Kerzen, Sommerkleidchen, pastellfarbene Pillen und wahlweise niedliche oder gruselige Kaninchen. Die Diskussion des Romans findet längst nicht mehr nur auf inhaltlicher, sondern auch auf visueller Ebene statt.

Auf einem Blog über Literatur und Digitales sollte es keine überraschende Feststellung sein, dass Algorithmen nicht nur bestimmen was wir kaufen, sondern auch was wir lesen. So froh ich auch bin, Bunny auf Instagram entdeckt zu haben, lässt mich die Frage nicht los, was ich lesen würde, wenn ich nicht ständig vom Algorithmus mit Buchempfehlungen gefüttert würde. Manchmal vermisse ich es, ganz unvoreingenommen in die Buchhandlung zu gehen und einfach die Bücher auszuwählen, die mich ansprechen.

Weltfrauentag, die Longlist für den Women’s Prize for Fiction und einige Buchempfehlungen

Quelle: Johanna Jendrysek

Vor mehr als 100 Jahren entstand im Kampf um die Gleichberechtigung, das Wahlrecht für Frauen und deren Emanzipation in der Arbeitswelt der Weltfrauentag. Heute, am 8. März, wird er noch immer gefeiert und dafür genutzt, auf die Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen im alltäglichen Leben aufmerksam zu machen und dafür zu kämpfen, diese zu beseitigen.

In den USA wurde bereits 1909 ein sogenannter „Nationaler Kampftag für das Frauenstimmrecht“ veranstaltetet. Die deutsche Frauenrechtlerin Clara Zetkin ließ sich davon inspirieren und begründete somit am 19. März 1911 den ersten Weltfrauentag. Zehn Jahre später wurde er durch einen Beschluss der Zweiten Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen auf den 8. März verlegt, zu Ehren der Frauen, die bei der Februarrevolution 1917 in Russland zu den ersten gehörten, die auf die Straße gingen. Der 8. März gilt seitdem als Gedenktag für den Kampf um Frauenrechte.

Einige Städte wie Berlin oder Bonn beispielsweise bieten heute dazu ein vielseitiges Programm an, von Infoständen, Lesungen und Diskussionsrunden zu Workshops, Poetry Slams und Kinovorstellungen rund ums Thema.

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Fundstück: „Mädels, die lesen“ – ein digitaler Buchclub

Auf dem Instagram-Kanal @maedelsdielesen tauscht sich die Community monatlich über ein gemeinsam gelesenes Buch aus. (Bild: Eva Beckmann)

Lesen ist kein einsames Hobby. Wer sich regelmäßig mit Freund:innen über Bücher austauscht, weiß das. Aus dieser Überzeugung heraus treffen Menschen sich seit langem in Lesekreisen. Seit nicht ganz so langer Zeit entstehen auch Online-Communities wie Buchblogs und Literaturaccounts in den sozialen Medien. Mit „Mädels, die lesen“ hat Helen Daughtrey eine Kombination aus beidem gegründet – einen Buchclub bei Instagram.

Das Prinzip ist einfach: Jeden Monat stellt Daughtrey ihrer Community in einem Instagram-Livestream vier Bücher vor. Anschließend wird in zwei Runden darüber abgestimmt, welches Buch der Club gemeinsam liest. In Leseabschnitten wird die Lektüre dann nach und nach auf dem Account besprochen.

Soweit das Grundgerüst des Projekts. Rund um die Monatslektüre passiert im „Buchclub to go“ noch eine Menge mehr: Es gibt einen Podcast, in dem Daughtrey sich mit Menschen aus der Community zum Gespräch trifft, Playlists zu den einzelnen Lektüren und manchmal sogar einen Livestream mit der Person, die das Monatsbuch geschrieben hat. Immer geht es um Austausch und das Gefühl der Verbundenheit durch eine gemeinsame Lektüre. Wer kostenpflichtig Teil der Schmökerrunde wird, darf exklusiv an der ersten Abstimmungsrunde teilnehmen und sogar eigene Titelvorschläge ins Rennen schicken. Außerdem trifft die Schmökerrunde sich zu virtuellen Buchclub-, Film- und Kochabenden.

Ende Januar 2020 ist das Projekt gestartet – kurz bevor digitale Vernetzung plötzlich in aller Munde war. Während Helen Daughtrey anfangs alles allein organisierte, hat sich inzwischen ein kleines Team gebildet, das mit individuellen Expertisen das Projekt unterstützt.

Für diesen März hat sich die Community auf den Titel Die Farbe von Milch von Nell Leyshon geeinigt. Der Monat hat gerade erst begonnen – steigt doch noch mit ein, wenn euch der Roman interessiert!