Jünger, engagierter, weniger hierarchisch – ein neuer deutscher PEN

Die erste Sitzung des PEN-Zentrums Deutschland war 1949 eine Runde alter, weißer Männer. Der neue Verein PEN Berlin will jünger, diverser und weniger hierarchisch organisiert sein. (Bild: Bundesarchiv, Bild 183-R76032 / CC-BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

Eine Woche ist PEN Berlin heute alt. Doch wieso hat sich in Deutschland ein neuer PEN gegründet? Und warum steht bei dem Verein, neben Eva Menasse, erneut Deniz Yücel als Sprecher an der Spitze, nachdem er erst im Mai von seiner Position als Präsident der Schriftsteller:innenvereinigung PEN-Zentrum Deutschland zurückgetreten war?

Konflikte brodeln offenbar schon länger innerhalb des deutschen PEN-Zentrums. Vor allem um eine nötige Verjüngung und das Aufbrechen straffer Hierarchien geht es dabei – auch der Führungsstil Yücels wird kritisiert. Uneinigkeiten über die politische Positionierung des Vereins spalten die Gruppe zusätzlich. Als das Zentrum eine Haltung zum Krieg in der Ukraine einnehmen muss, werden die Unstimmigkeiten zu einem offenen Streit. Weiterlesen

Fundstück: Feministische Comics von Liv Strömquist

Comics Der Ursprung der Welt und Im Spiegelsaal liegen auf einem Tisch

Zuerst und zuletzt von Liv Strömquist im avant-Verlag erschienen: Die Comics Der Ursprung der Welt und Im Spiegelsaal. (Bild: Elena Hesterkamp)

Warum schämen sich Menschen für die Menstruation? Warum fehlte die Klitoris im Biologiebuch? Und warum wollen so viele Leute aussehen wie Kylie Jenner? Diesen Fragen geht die schwedische Künstlerin und Journalistin Liv Strömquist nach. Antworten liefert sie in einer ungewöhnlichen Darstellungsform: in Comics. Fünf Sachcomics sind bisher in der deutschen Übersetzung erschienen: Der Ursprung der Welt, Der Ursprung der Liebe, I’m every woman, Ich fühl’s nicht und Im Spiegelsaal.

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Warum „Dr. Strange in the Multiverse of Madness“ nicht funktioniert

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Ein neuer Monat, ein neuer Marvel Film. Sechs Jahre musste man auf eine offizielle Fortsetzung des ersten Dr. Strange Films warten. Ob und wie viele MCU-Fans einer Rückkehr des überheblichen Zauberers entgegensehnten, vermag sich schwer sagen zu lassen. Dafür aber, dass der Film sowohl bei Rezensenten als auch bei Fans sehr gut ankommt und bei rotten tomatos aktuell eine Bewertung von 74% hat. Und doch geht der Film nicht richtig in sich auf. (Spoilers Ahead!) Weiterlesen

Fundstück: „Das Gegenteil von Einsamkeit“

Das Gegenteil von Einsamkeit. Quelle Foto: S. Fischer Verlage

2012 erschien in der Abschlussausgabe der Yale Daily News ein Text mit dem Titel „Das Gegenteil von Einsamkeit“. Ein Appell an die Absolvent*innen, die Neugier, den Idealismus, das Vertrauen in die eigene Zukunft nicht zu verlieren. Sich den Mut zuzugestehen, etwas verändern zu wollen in der Welt.

Fünf Tage nach ihrer Abschlussfeier stirbt die Verfasserin Marina Keegan auf einer Fahrt nach Cape Cod. Ihr Freund schläft hinter dem Steuer ein, das Auto knallt in eine Leitplanke. Keegans Freund überlebt den Unfall, sie selbst nicht.

„Das Gegenteil von Einsamkeit“ trifft einen Nerv: Nur eine Woche nach der Veröffentlichung haben bereits mehr als eine Million Menschen den Text online abgerufen. Und so trägt auch der Band, den Keegans Eltern posthum mit ihren Texten zusammenstellen, eben diesen Titel. Das Buch enthält neben dem bekannten Aufsatz acht Essays und neun Geschichten, die zwischen Affären, durchgetanzten Nächten und jugendlichem Leichtsinn hauptsächlich um all die Hoffnungen, Unsicherheiten und Zweifeln kreisen, die das Leben mit Anfang 20 so unvorhersehbar, intensiv und möglich erscheinen lassen.

„Wir haben kein Wort für das Gegenteil von Einsamkeit, aber wenn es eins gäbe, würde ich sagen, genau so fühle ich mich in Yale. Genau so fühle ich mich jetzt. Hier. Bei euch allen. Verliebt, beeindruckt, demütig, ängstlich. Und das dürfen wir nicht verlieren.“ (aus: Das Gegenteil von Einsamkeit)

Viele von Keegans Protagonist*innen sind Studierende, die genau oder gar nicht wissen, was sie wollen, die sich mit dem plötzlichen Tod eines Ex-Freundes genauso auseinandersetzen wie mit banalen Eifersüchteleien und dem Bewusstsein um die eigene Jugend. Die Texte sind fein beobachtete Milieustudien, erzählerisch oftmals schmerzhaft exakt, direkt, neugierig. Alle Geschichten zirkeln um Liebe als loses Oberthema, als Gegenteil von Einsamkeit.

Eine berührende, beeindruckende Zusammenstellung leicht zu lesender, aber deshalb nicht minder tiefgehender Texte und eine wunderbare Hommage an das Versprechen der Jugend.

Das Buch ist für 12,00 Euro gebunden auf der Webseite der S. Fischer-Verlage erhältlich.

 

May the fourth – die erstaunliche Größe des Star Wars Universums

Quelle: pixabay

So ziemlich jedem ist Star Wars wenigstens ein Begriff. Auch Nicht-Fans wissen, dass es mehrere Filme mit diesem Titel gibt, die in einer fernen Zukunft im Weltraum zwischen Planeten und Raumschiffen spielen und deren Handlung meist mit dem „Piu Piu“ der Schusswaffen oder das Britzeln eines Lichtschwertes unterlegt ist.

Viele kennen auch, ohne einen der Filme gesehen zu haben, die intelligenten und witzigen robotischen Begleiter, die entweder nur lustige Bieb-Laute von sich geben oder gar nicht aufhören zu quasseln. Ebenso ist Master Yoda, das eigentlich steinalte, etwas verschrumpelte Wesen und Lehrmeister von Luke Skywalker, spätestens nach der neuen Serie „The Mandalorien“, in der eine Babyversion dieses Wesens auftrat, die kurzdarauf überall zu sehen und zu kaufen war, mehr als bekannt.

Was vielen allerdings nicht bekannt ist: die bekannten Filme und Serien, die wir heutzutage mehr oder weniger alle auf Disney+ finden können sind nur die Spitze eines multimedialen Eisbergs bzw. Universums. Neben unzähligen Fanfiction, Serien und den Filmen gibt es noch ganze Reihen von Büchern, die eine neue Tiefe in das von vielen noch unerforschte Universum bringen.

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Quartalsausblick: Netflix will besseren Content, weniger Accountsharing und Werbung

Netflix ist ein Streaminganbieter, den man dank App immer dabei hat.

Die Quartalszahlen von Netflix verraten, dass der Konzern mehr Nutzer:innen generieren muss. (Bild: pixabay | napoleonschwan)

In den vergangenen Tagen hat Netflix seinen Letter to Shareholders zum ersten Quartal des Jahres 2022 veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass der Streaminganbieter nicht mehr so stark in seinen Nutzer:innenzahlen wächst wie zuvor. Er hat sogar 200.000 Zuschauer:innen verloren.

Angesichts dieser Tatsachen äußerten sich die CEOs des Konzerns im Quartals-Interview auf YouTube dazu, wie sie ihre Verluste wieder aufholen wollen. Ihre Überlegungen lassen sich auf drei Hauptziele herunterbrechen, die für Nutzer:innen von Interesse sein könnten: Erstens will Netflix immer mehr besseren Content produzieren. Zweitens will der Streamingdienst auch die Personen dazu bringen zu zahlen, die Netflix durch Bekannte bisher kostenlos nutzen konnten. Und drittens spricht sich Mitbegründer Wilmot Reed Hastings auch dafür aus, eine günstigere Netflix-Version anzubieten, die dafür jedoch Werbung beinhaltet. Wer mehr zahlt, könne weiterhin werbefrei seine Lieblingsserien streamen. Was bedeutet das für uns als Nutzer:innen?

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Fundstück: Last Night at the Telegraph Club

Als chinesisch-amerikanische Tochter einer Familie, die womöglich deportiert wird, ist Lily Hu nicht sicher in Amerika. Dennoch riskiert sie alles und mehr, um Kath zu treffen.

TEEN-AGE GIRLS ‚RECRUITED‘ AT SEX-DEVIATE BAR

Police raided a North Beach bar known as the Telegraph Club Friday night, after receiving tips that the bar has long been a hunting ground for ‘gay’ types that use the establishment to recruit teen-age girls into debauchery. The club, located at 462 Broadway, has been under secret investigation for months.

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Welttag des Buches: Die Autor*innen und Leser*innen von morgen

Logo des „Welttag des Buches“. Bild: Welttag des Buches.

Anlässlich des heutigen Welttag des Buches versuchen auch dieses Jahr wieder viele lokale und bundesweite Veranstaltungen (z.B. auch mit Buchgeschenken) jungen Menschen Literatur näher zu bringen. Und auch das Fernsehen und diverse Online-Angebote tragen dazu bei: Mit dem Jugendfilm Geheime Schatten und einer Spezialausgabe des Literarischen Quartetts “feiert das ZDF am ‘Welttag des Buches’ neben dem Medium Buch auch andere Medien, die Heranwachsenden helfen können, die Welt und ihren individuellen Platz darin besser zu verstehen” (ZDF). Im Rahmen des Schreibwettbewerbs THEO werden außerdem um 15 Uhr in einem Livestream junge Autor*innen selbstgeschriebene Texte vorstellen, die anschließend in einer Preisverleihung gewürdigt werden. Die Mission des vielfältigen Programms ist klar: Literatur an ein junges Publikum vermitteln und Autor*innen und Leser*innen von morgen aktivieren.  Weiterlesen

Fundstück: Woobooks – eine Chance für ungewöhnliche Bücher

Autor:innendasein braucht mehr als gute Ideen und Schreibtalent. Oft ist eine Menge Geduld und eine Prise Glück nötig, damit das eigene Buch gedruckt wird. (Bild: CC0 Unsplash)

Wenn Autor:innen ihre Exposés und Manuskripte an Verlage schicken, müssen sie sich vor allem auf eines gefasst machen: Absagen. Egal wie viel Finesse, Liebe und Schweiß in ihren Texten steckt – passen sie nicht ins Verlagsprogramm, haben sie keine Chance. Insbesondere ungewöhnliche Ideen bleiben regelmäßig auf der Strecke. Das Problem: Es ist schwierig abzusehen, ob Ausgefallenes die Leser:innen interessiert und sich für den Verlag rentieren würde.

Diese Erfahrung musste auch der Autor Thorsten Smidt machen – und wurde mit seinem Manuskript zur Inspiration für Woobooks. Initiiert wurde die Plattform des Bonner Kick Verlags im vergangenen Jahr von Markus Stromiedel. Sie ermöglicht Autor:innen, ihr Buchprojekt potentiellen Leser:innen zu präsentieren bevor es realisiert wird. Ein Crowdfunding sichert die Finanzierung, damit das Projekt umgesetzt werden kann. Dazu gehören ein klassischer Buchvertrag, professionelle Covergestaltung, Lektorat, Korrektorat und Herstellung ebenso wie Honorare für die Autor:innen. Smidts Genremix Vier Nullen zu viel konnte auf diese Weise im September 2021 als erstes Woobook erscheinen. Aktuell läuft die Kampagne für In Zebra Schuhen von Jasmin P. Meranius, zwei weitere Bücher sind vorbestellbar und drei warten auf den Start ihrer Crowdfunding-Aktionen.

Viele Autor:innen, die bei der Suche nach einem Verlag enttäuscht werden, entscheiden sich, ihr Buch im Selfpublishing zu veröffentlichen. Woobooks kann eine Alternative zu dieser oft kostenintensiven Variante sein. Trotz des Vorhabens, von anderen Verlagen ungewollten Büchern zum Druck zu verhelfen, werden jedoch auch bei Woobooks nicht alle Projekte angenommen. Bevor eine Kampagne gestartet wird, werden Exposé und Leseprobe geprüft. Unsicherheiten über Vermarktungsmöglichkeiten sind bei Woobooks aber kein Grund für eine Ablehnung.

Fundstück: „Die Herrenausstatterin“

Leichtfüßig, überraschend, liebevoll: Die Herrenausstatterin. Quelle Cover: DuMont-Verlag

Katja Wiesberg ist eigentlich glücklich. Ihren Job als Übersetzerin findet sie in Ordnung, sie hat einen Garten und ist mit einem Mann verheiratet, den sie sehr liebt. Das vermeintliche Idyll beginnt zu zerfallen, als sie sich einer Operation an den Augen unterziehen muss. Erst verlässt sie ihr Mann, dann stirbt er, dann verliert sie ihren Job. Ein Scherbenhaufen.

Als sie sich nicht mehr weiterzuhelfen weiß, trifft sie überraschend auf einen älteren Herrn in ihrer Wohnung, der sich als Dr. Friedrich Blank vorstellt. Blank begleitet sie zur Beerdigung, kauft mit ihr bei anhaltender Appetitlosigkeit Astronautennahrung und ist einfach da, bis es eines Abends klingelt und ein Feuerwehrmann vor der Tür steht, der einen Brand löschen möchte, den es nicht gibt. Armin liebt Karatefilme, Katjas hochkalorische Flüssignahrung und: Er kommt immer wieder. Als Katja die beiden Männer einander vorstellen möchte, wird ihr klar, dass Armin Blank nicht sehen kann. Blank ist der Geist ihres verstorbenen Nachbarn. Der Feuerwehrmann bleibt trotzdem.

Mit entwaffnendem Durchhaltevermögen schiebt sich Armin in Katjas Leben und holt sie zurück in ihre eigene Existenz. In einer wunderbaren Dreiecksgeschichte spinnt Mariana Leky die Fäden zwischen einer gebrochenen Frau, einem Feuerwehrmann mit kleinkrimineller Energie und der beruhigenden Anwesenheit eines alten Mannes, in dessen Lebensweisheiten sie sich fallen lassen kann, wenn ihr alles zu viel wird. Unprätentiös, liebevoll und mit dem für sie typisch skurrilen Humor lässt Leky ihre Protagonistin zurück ins Leben finden. Ein Buch über Neuanfänge, Erinnerungen und Lebenswille, über Leichtigkeit und Hühnerfrikassee und Marzipankugeln. Beschwingt, weise und mit liebevoller Klarheit lenkt Mariana Leky den Blick auf die scheinbar unbedeutenden Momente, Augenblicke, Bruchstücke, die das Leben in seiner unvollkommenen Schönheit ausmachen.

Der Roman ist als Taschenbuch für 11,00 Euro auf der Webseite des DuMont-Verlags erhältlich.