Wie Ungarns rechtsnationale Regierung Kultur und Medien einschränkt

Das Ungarische Nationalmuseum in Budapest

Das Ungarische Nationalmuseum in Budapest. Dort waren im Rahmen der World Press Photo Exhibition 2023 auch Fotos von einer Gemeinschaft von LGBTQ-Menschen zu sehen. Grund genug für die ungarische Regierung, den Zugang zu beschränken. (Bild: Elena Hesterkamp)

Zwei Jungs, die sich ineinander verlieben, eine Trans-Frau, die ihre Identität auslebt, eine Gemeinschaft von LGBTQ-Menschen, die sich gegenseitig unterstützen. Es sind Geschichten, die bestärken, die Inspiration sein könnten – auch und gerade für junge Menschen. Geschichten, zu denen die ungarische Regierung sagt: Zugang erst ab 18!

Das ungarische Parlament unter Ministerpräsident Viktor Orbán verabschiedete 2021 ein Gesetz, das u.a. die öffentliche Darstellung von Homosexualität, Transidentität und Geschlechtsanpassungen gegenüber Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren verbietet. Diese Zensur betrifft das Zeigen von Werbung, Filmen und Serien genauso wie Literatur und Kultur-Angebote.

Ob auf Leinwänden oder Buchseiten: Darstellung von Homo- und Transsexualität erst ab 18

Ein Beispiel im Kultur-Bereich ist die World Press Photo Ausstellung, welche im Herbst 2023 im Ungarischen Nationalmuseum Halt machte. Die Regierung beschloss: Nicht jede*r sollte sich die weltbesten Pressefotografien ansehen dürfen. Der Grund: Die Ausstellung beinhaltete die Fotostory „Home for the Golden Gays“ von Hannah Reyes Morales. Die Bilder porträtierten eine Wohngemeinschaft älterer LGBTQ-Menschen auf den Philippinen. Weil das Museum lediglich auf die Altersbeschränkung hinwies, diese aber nicht anhand von Ausweiskontrollen durchsetzte, entließ das Kultusministerium dessen Direktor.

Auch in Kinos dürfen homo- oder transsexuelle Menschen nicht vor Minderjährigen auf die Leinwand. Das Festival Verzio zum Beispiel zeigte die Dokumentation „Fairy Garden“ über eine junge Trans-Frau, die von ihren Eltern verstoßen wurde, ebenfalls erst Zuschauer*innen ab 18.

Für Aufsehen sorgte auch ein Urteil gegen die zweitgrößte Buchhandelskette Ungarns: „Lira“ musste umgerechnet 32.000 Euro Strafe zahlen, weil sie den Comic „Heartstopper“ in der Jugend-Abteilung anbot. In dem Buch von Alice Oseman geht es um zwei Klassenkameraden, die sich allmählich ineinander verlieben. Hierzulande geben Buchhändler*innen eine Altersempfehlung ab 12 Jahren an.

Kurz vor diesem Urteil hatte das landesgrößte Buchhandelsunternehmen „Libri“ angefangen, Bücher mit LGBTQ-Inhalten in Folie einzuschweißen. So wird Kund*innen die Möglichkeit genommen, darin zu blättern. Besonders pikant: Eine regierungsnahe Stiftung hatte zuvor einen Mehrheitsanteil an dem Unternehmen gekauft. 

Regierungskritische Medien haben es schwer

Apropos regierungsnahe Stiftung: Unter solch einer (der Mitteleuropäischen Presse- und Medienstiftung (KESMA)) wurden im Jahr 2018 fast 500 Zeitungen, Nachrichtenportale, Radio- und Fernsehsender zusammengeführt. Die Eigentümer dieser Unternehmen, die ihre Medien an die KESMA spendeten: Unterstützer*innen von Orbán und seiner Partei „Fidesz“.

Ende 2023 brachte die ungarische Regierung ein neues Gesetz auf den Weg, das unabhängige Journalist*innen noch stärker in ihrer Arbeit einschränken könnte. Das „Souveränitätsverteidigungsgesetz“ sieht vor, dass eine neue Behörde meinungsbildende Personen oder Organisationen überprüft und dabei auch Zugriff auf Geheimdienst-Informationen hat. Die EU-Kommission hat deswegen ein Verfahren gegen Ungarn eingeleitet – nicht das erste. Auf der „Rangliste der Pressefreiheit“ von „Reporter ohne Grenzen“ steht Ungarn auf Platz 72 von 180.

Das Beispiel Ungarns sollte eine Mahnung sein

Im Juni 2024 ist Europawahl. 2025 steht in Deutschland die nächste Bundestagswahl an. Am Beispiel Ungarns lässt sich beobachten, was eine rechtsnationale und populistische Regierung für die Kultur- und Medienlandschaft einen Landes bedeutet. Jede*r sollte das Recht auf Aufklärung und Information haben. Homosexualität und Transidentität sind normal. Das ist es, was Kinder und Jugendliche von klein auf lernen sollten. Nicht das Gegenteil.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert