Es ist mal wieder soweit. In der WhatsApp-Gruppe von meinen Freunden und mir geht der gefühlt wöchentliche Meme-Hagel los. Florian hat den Stein ins Rollen gebracht, als er ein Meme über die neuesten Entscheidungen der Bundesregierung bezüglich der Corona-Lockerungen in die Gruppe postete. Es war klar, dass das nicht lange unkommentiert bleibt. Auf dem Meme von Susanne ist Donald Trump zu sehen, auf Patricks ein Charakter aus der Serie „Die Simpsons“. Die kleinen Bildchen, versehen mit einem kurzen Text, zählen zu einem der Internetphänomene des 21. Jahrhunderts. Insbesondere aus dem Social Web sind die lustigen Grafiken nicht mehr wegzudenken. Memes unterhalten, bringen uns zum Lachen. Seit die Krankheit Covid-19 die Menschheit plagt, beschäftigen sich daher unzählige ‚Corona-Memes‘ mit den Alltagsfolgen des Virus, den Einstellungen der Politiker*innen und den Szenarien der Zukunft.
Memes – ähnlich wie Gene?
Der Begriff „Meme“ wurde 1976 von dem Evolutionsbiologen Richard Dawkins geprägt. In seinem Buch Das egoistische Gen definiert er die kleinen Grafiken (griech.: „mimema“, etwas Nachgeahmtes) als Ideen des kulturellen Erbes, die durch Kopie oder Imitation in der Populärkultur massenhaft verteilt und verändert werden. Da dies seiner Meinung nach sonst nur bei Genen der Fall ist, sucht er nach einem Wort, das sich auf „Gen“ reimt und entscheidet sich für das Wort „Mem“. Heutzutage stehen Memes für Bilder, die sich auf ein bestimmtes Thema beziehen und sich massenhaft im Internet verbreiten lassen. Generell besteht ein Meme aus einer Text-Bild-Kombination. Bei dem Bild (oder auch dem Video) handelt es sich häufig um einen Screenshot einer bekannten Filmszene, um den Erkennungswert und das damit einhergehende Humorverständnis für den*die Betrachter*in zu erhöhen. Auf amüsante, teilweise aber auch ironische Weise werden sie dafür genutzt, Botschaften zu vermitteln. Diese können mittlerweile politischer Natur sein und sogar aggressive und rassistische Aussagen beinhalten. Viele profitieren von der hohen Viralität, die durch auf Memes spezialisierte Plattformen wie Reddit, 4chan oder 9gag gefördert wird.
Das Erfolgsgeheimnis von Corona-Memes
Memes scheinen in ästhetischer Hinsicht zunächst ziemlich trivial zu sein. Unbewusst werden durch sie aber gemeinsame Normen und Werte geschaffen. Denn Memes bilden aktuelle gesellschaftliche Diskussionen oder Statements humoristisch ab. Das Coronavirus hat daher viele solcher Memes hervorgebracht. In Deutschland besonders beliebt: Memes zu Hamsterkäufen, im Vordergrund steht häufig der exzessive Toilettenpapierkauf. Auch Memes zu den diversen Aussagen über Reaktionen zum Virus von Regierungsbeamt*innen sind im Netz sehr beliebt. In der jetzigen psychisch belastenden Situation helfen uns die Memes dabei, die schlimmen Entwicklungen und eventuelle Angststörungen oder Depressionen für einen Moment zu vergessen. Die lustigen Worte zusammen mit dem Bild erheitern uns. Sie wirken entspannend oder regen uns zum Nachdenken an. Insbesondere Menschen, die sich aufgrund der Kontaktsperren einsam fühlen, werden auf diese Weise für einen Moment abgelenkt. Dies ist der entscheidende Vorteil von Memes. Die Ausgangsbeschränkungen führen zudem dazu, dass der*die Einzelne weitaus häufiger im Internet surft als noch zu Beginn des Jahres. Auf diese Weise werden Memes schneller entdeckt und auch rascher an andere Personen zur Belustigung verschickt.
Memes als Marketing-Strategie
Aufgrund ihrer leichten Verständlichkeit und ihrem Potenzial zur viralen Verbreitung bauen viele Unternehmen Memes in ihren Marketingplan ein, um neue Kund*innen zu werben. Jedoch bergen Memes hinsichtlich ihrer Merkmale auch Risiken für den Erfolg von Werbekampagnen. Durch ihre humoristische Text-Bild-Kombination müssen die Macher darauf achten, prägnante Worte und ein eindeutiges Bild zu wählen, ohne dass dieses für das Unternehmen peinlich wird. Denn der Grat zwischen einem gelungenen Meme und einem marketingstrategischen Reinfall ist schmal. Ob sich die Verwendung eines Memes tatsächlich für eine Kampagne lohnt und wie dieses aufgebaut ist, liegt in der Verantwortung eines jeden Unternehmens selbst. In jedem Fall sollte dieses auch mehrere Planungsentwürfe in Betracht ziehen.
Alles in allem zeigt sich genau dies auch in der Effektivität der Verbreitung. Egal ob Individuum, Online-Community, politische Partei oder Unternehmen: Grundsätzlich eignet sich jedes Meme zur einfachen und schnellen Übertragung. Ob und in welchem Maße dies geschieht, ist von der Attraktivität für den*die Adressat*in abhängig, da diese*r das Bild im Netz teilt. Anhand von Corona-Memes wird deutlich, wie stark dieses Internetphänomen von der gegenwärtigen Krisensituation und dem momentanen gesellschaftlichen Nutzungsverhalten des Social Web profitiert. Ob Corona-Memes nun eher eine Entertainmentfunktion haben oder zur versteckten Kritikäußerung dienen, muss wohl jeder selbst entscheiden und ist mit Sicherheit nicht pauschalisierbar. Und eine Kombination aus beidem ist doch auch möglich, oder? Mich unterhalten die vielen Corona-Memes derzeit auf jeden Fall sehr. Man sollte sie einfach nur nicht immer allzu ernst nehmen.
Vielen Dank für diesen Beitrag! Tatsächlich ist das Thema Memes auf mehreren Ebenen faszinierend. Einerseits hinsichtlich der Viralität und des damit verbundenen Reaches. Schnell Leute zu erreichen mit Content, der affektive Akzente setzt, ist in Zeiten von Social Media Marketing nahezu essentiell.
Andererseits sind Memes aber auch faszinierend in Bezug auf die tatsächliche und nachhaltige Wirkung bei den Rezipient*innen. Da ist die aktuelle Corona-Krise ein treffendes Beispiel. Es wäre mal interessant herauszufinden, ob beispielsweise Memes mit Bildern von leeren Supermarktregalen – mit hoher Frequenz – unterbewusst nicht doch auch Ängste schüren und den Herdentrieb beim Kaufverhalten vielleicht sogar mit angefeuert haben.