Als Hitler das rosa Kaninchen stahl – Ein Film über Flucht, Familie und Rassismus

Aktuell im Kino: Die Newcomerin Riva Krymalowski (Bild: Warner Bros. GmbH / Filmstarts)

Seit Weihnachten ist die neue Verfilmung von Judith Kerrs berühmten Kinder- und Jugendbuch Als Hitler das rosa Kaninchen stahl in den deutschen Kinos zu sehen. Die Regie übernahm die oscarprämierte Regisseurin Caroline Link (Nirgendwo in Afrika).

Berlin 1933. Kurz nach Hitlers Machtübernahme sieht sich der jüdische Theaterkritiker Arthur Kemper (Oliver Masucci) gezwungen, aus Deutschland ins Exil zu fliehen. Wie viele andere steht der Regimekritiker bereits jetzt auf einer Todesliste der Nationalsozialisten. Seine Frau Dorothea (Carla Juri) folgt ihm kurz darauf mit den zwei Kindern Anna (Riva Krymalowski) und Max (Marius Hohmann). Der Film porträtiert das Leben der Familie im Exil und beschreibt ihren schwierigen Weg in die Schweiz, nach Paris und den schließlich rettenden Aufbruch nach England.

Der Horror, der sich währenddessen in Deutschland abspielt, wird zwar an keiner Stelle gezeigt, ist jedoch den gesamten Film über präsent. Denn statt Mord und Deportation zeigt uns die Regisseurin die Armut, in die die Familie gestoßen wird, die Ungewissheit, nicht zu wissen, was als nächstes passiert und das ständige Gefühl von allen Seiten bedroht zu werden.

Erzählt wird das Schicksal der Familie aus der Perspektive der neunjährigen Anna, die plötzlich damit konfrontiert ist, viel erwachsener sein zu müssen als sie eigentlich ist. Denn fremde Sprachen, andere Kulturen und ein immer stärker werdender Antisemitismus stellt besonders die Kinder vor verstörende Herausforderungen. Trotzdem versucht die Familie das Beste aus ihrer Situation zu machen. „Macht es dir nichts aus, Flüchtling zu sein?“, fragt Anna ihren Vater auf einem Schweizer Schiff. „Doch. Aber ich finde es auch ganz interessant.“ Schauspielerisch überzeugen alle Rollen, spielen sie doch in solch einer Leichtigkeit, als wären sie schon immer als Familie unterwegs. Trotzdem ist es vor allem die Rolle des verschmitzt antwortenden Vaters, in der sich die emotionale Bandbreite des Films vereint. Denn in seinen tiefen Falten spiegelt sich das mitreißende Wechselspiel aus Sorge und Freude, Verzweiflung und Hoffnung, das die ganze Dramatik des Films trägt.

Bei der literarischen Vorlage von 1971 handelt es sich um den ersten Teil einer autobiografischen Trilogie, der mit Warten bis der Frieden kommt und Eine Art Familientreffen fortgesetzt wurde. Judith Kerrs Vater war der berühmte Theaterkritiker, Journalist und Drehbuchautor Alfred Kerr, der als einer der ersten Publizisten in Deutschland vor den Gefahren der Nationalsozialisten warnte. Das Buch entwickelte sich schnell zu einem international beliebten Kinderbuch, das bald darauf als Schullektüre genutzt wurde, um die Entstehung der faschistischen Diktatur in Deutschland für Kinder und Jugendliche verständlich zu machen.

Während im Dezember die Kritiken noch diskutierten, ob es sich um einen angemessenen Weihnachtsfilm handelt, verdeutlicht der jüngste rechtsextremistische Terroranschlag im hessischen Hanau die traurige Dringlichkeit von Filmen wie diesem. Denn jedes Wegschauen und jedes Nichtbenennen von Rassismus und Diskriminierung, egal ob „gutgemeinte“ Witze oder Hasskommentare im Internet, eröffnet jedes Mal Raum für Rechtsradikale, die versuchen, die demokratische Gesellschaft zu zerstören. Wohin das führen kann, hat dieses Land schon einmal mit über 6 Millionen Opfern bewiesen.

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