Sommerlicher Literatur-Tipp der etwas anderen Art

Post über Post.

55 % der Deutschen verschicken immer noch Postkarten. (Quelle: ausstellung-postkarte.de) (Bild: pixabay by blende12)

Sommer bedeutet Urlaubszeit. Die einen fahren mit dem Koffer voller Bücher an den Strand, die anderen mit dem portablen E-Book zum Zelten in den Wald. Familie und Freunde zerstreuen sich über den Erdball und erleben ihre persönlichen Abenteuer, von denen sie den anderen hinterher berichten können. Aber auch während des Urlaubs denken sie aneinander. Jede:r hat mindestens eine Person, an die er:sie alljährlich eine Urlaubspostkarte verschickt, weil es Tradition ist. Selbst wenn es sich um eine kitschige Ansichtskarte handelt, auf der geschrieben steht “Das Wetter ist gut”, freut sich jede:r über Post. Manch eine:r gibt sich viel Mühe bei der Auswahl der Karte und stöbert in lokalen Galerien. Manchmal macht sich eine:r einen Scherz daraus, völligen Quatsch auf die Rückseite zu schreiben, auch wenn der:die Empfänger:in den Satz nicht versteht – Hauptsache das Verfassen hat Spaß gemacht.

Die Geschichte der Postkarte

Früher hätte man wohl gesagt: “Welch unanständiger Frevel steht auf diesem Blatt geschrieben! Ungeheuerlich dies für jede:n lesbar zu verschicken!” Denn als in den 1860er Jahren die Einführung der Postkarte diskutiert wurde, befürchteten einige, dass das Briefgeheimnis dadurch verletzt würde und unsittliche Sätze öffentlich zugänglich gemacht würden. Die Postkarte sollte aber vor allem dazu dienen, sich schnell und preiswert auszutauschen. Und weil das dem Zeitgeist entsprach wurde am 1. Oktober 1869 die erste “Correspondenz-Karte” der Welt im österreich-ungarischen Reich verschickt. Sie diente der Terminabstimmung für ein Treffen unter Bekannten. Das funktionierte, denn Briefkästen wurden damals mehrmals am Tag geleert und man konnte sich per Postkarte noch für denselben Tag verabreden – das WhatsApp des deutschen Kaiserreichs also.

Von da an hat die Postkarte eine bewegte Geschichte. Sie wurde schnell um bunte Bilder ergänzt und zur “Ansichtskarte” umgetauft. Aber nicht nur aus dem Urlaub schickten sich die feinen Herrschaften Postkarten. Auch im Krieg sendeten die Soldaten mittels Feldpostkarten Grüße in die Heimat. Darauf nicht etwa Bemerkungen über das Wetter, sondern beispielsweise über die hübschen Krankenschwestern, die mit ihnen stationiert waren.

Feldpost

Der Sender dieser Postkarte schwärmte über die hübsche Krankenschwester in der Mitte. (Bild: Lea Kriegsmann)

In der Nachkriegszeit und mit dem späteren wirtschaftlichen Aufschwung zeugten die Postkarten wieder von Urlauber:innen und Tourist:innen, die sich die Sonne auf den Bauch scheinen ließen. Und so ist es bis heute geblieben. Die Karten sind natürlich mit der Zeit gegangen und es finden sich aktuelle Sprüche und Motive wieder. Aber die Idee, sich kurze Grüße für wenig Geld zu schicken ist geblieben. 

Warum empfehle ich euch Postkarten?

Die Postkarte ist für mich ein Zeichen des Aneinanderdenkens und ich freue mich über jede von ihnen. Ich verschicke sie auch gern, um anderen eine Freude zu machen. Sie ist vielleicht nicht die hochwertigste literarische Leistung eines:r jeden Einzelnen und natürlich nicht zu vergleichen mit alten Korrespondenzen des Goethe und Schiller. Aber die Postkarte bringt auch Lese- und Schreibmuffel dazu, sich zehn Minuten Zeit zu nehmen, und ein paar Sätze für jemand anderes zu verfassen. Wenn sie schließlich bei den Verwandten eintrudelt, dann ist sie etwas viel Schöneres als eine SMS.

Wenn ihr gern Postkarten schreibt und empfangt, aber nervige Freunde und Familie habt, die lieber am Handy hängen, als Briefe zu schreiben, dann schaut doch mal auf https://www.postcrossing.com vorbei. Dort könnt ihr euch registrieren und Teil eines globalen Netzwerks werden, durch das ihr mit Menschen am anderen Ende der Welt durch Postkarten in Kontakt treten könnt.

 

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