Nachhaltig lesen – 4 Annäherungsversuche

Bücher und Umweltfreundlichkeit – geht das zusammen? Bild: CC0 Pixabay

So umweltfreundlich wie möglich wollen wir leben. Beim Wocheneinkauf achten wir darauf und bei der Mülltrennung sowieso. Aber was ist eigentlich mit unseren Bücherregalen? Dort versteckt sich zwischen bunt bedruckten Einbänden stapelweise Papier.

Bücher bringen uns Fremdes nahe, können sowohl zum Denken als auch zum Abschalten anregen und sind so vielfältig wie die Menschen, die sie schreiben. Aber am Ende sind sie alle auch eines: Ein Produkt, das von uns konsumiert wird. Der Konsumfaktor wird bei Büchern oft vergessen oder zumindest als zweitrangig erachtet. Bücher gelten als Kultur- und Bildungsgüter und nehmen damit eine Stellung ein, die sie nahezu immun macht gegen Konsumkritik. Ihr Wert liegt im Inhalt, nicht in der Verpackung. Wieso sträuben sich dann jedoch so viele Buchliebhaber:innen gegen die Nutzung digitaler Lesegeräte, die doch auf den ersten Blick ein ressourcenschonenderes Lesen desselben Inhalts ermöglichen? Weil Bücher eben doch materiellen Wert besitzen. Und der muss auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit mitgedacht werden.

Das E-Book – unsere Rettung?

Ob das E-Book wirklich das umweltfreundlichere Buch ist, konnte bisher nicht endgültig geklärt werden. Bereits 2011 stellte das Öko-Institut eine Studie vor, nach der E-Book-Reader für Menschen, die in mindestens drei Jahren durchschnittlich zehn oder mehr Bücher pro Jahr lesen, die umweltfreundlichere Wahl sind. Dabei wurden Durchschnittswerte im Bereich der Umweltbelastung durch die Herstellung sowie durch Distribution, Nutzung und Entsorgung berücksichtigt. Das Durchschnittsbuch ist in diesem Fall 200 DIN A5 Seiten lang. Individuelle Faktoren wie der Stromanbieter der Konsument:innen, die tatsächliche Länge der konsumierten Bücher oder der Umgang mit aussortierten Büchern und ausgedienten Geräten lassen die Zahl der zu lesenden Bücher im Einzelfall jedoch stark variieren.

 

Klimaneutrale Verlage

Seit 2011 hat sich die Produktionsweise von Büchern zudem weiterentwickelt. Den größten Umweltschaden richten Bücher jedoch nach wie vor durch den hohen CO2-Ausstoß in der Herstellung an. Verlage, die sich einer klimaneutralen Produktion verpflichtet haben, gleichen diese Emissionen zum Beispiel durch die Investition in Umweltschutzprojekte aus. Ein derartiges Projekt haben etwa die Holtzbrinck Buchverlage gestartet, dazu gehören Kiepenheuer & Witsch, Rowohlt, S. Fischer und Droemer Knaur. Bis 2025 möchte außerdem die Verlagsgruppe Penguin Random House die Klimaneutralität erreichen. Auch einige unabhängige Verlage haben eine Initiative gebildet, deren Mitglieder seit diesem Jahr klimaneutral drucken.

Neben der Kompensation von Emissionen geht es bei den Projekten darum, von Anfang an möglichst ressourcenschonend zu produzieren. Dazu werden umweltfreundliche Materialien wie recyceltes oder aus Apfelresten hergestelltes Papier eingesetzt, Transportwege möglichst kurz gehalten und Ökostrom genutzt.

 

Alte Schätze, neue Chancen

Es muss allerdings nicht immer das frischgedruckte Buch sein, das bei uns einzieht. Das Nutzen bereits vorhandener Dinge ist einer der wichtigsten Grundsätze eines nachhaltigen Lebensstils. Bibliotheken, Antiquariate, öffentliche Bücherschränke, die Bücherregale von Freund:innen – viele Orte bieten Gelegenheit zum Stöbern nach neuem Lesestoff. Und nicht nur das: Auch die eigenen aussortierten Bücher bekommen hier neue Chancen. Für jedes Buch in unserem Regal tragen wir die Verantwortung, ihm Leben einzuhauchen. Es zu verleihen, zu spenden, zu verschenken oder es gut zu bewahren und immer wieder hineinzuschauen.

 

Die Qual der Händlerwahl

Um Autor:innen und Buchhandlungen zu unterstützen, kann es trotzdem sinnvoll sein, sich für den Kauf eines neuen Buches zu entscheiden. Der lokale – und am besten unabhängige – Buchhandel ist dabei die nachhaltigste Wahl. Hier werden Bücher gesammelt an einen Laden geliefert und so im Vergleich zu einer individuellen Lieferung Transportwege und Verpackungsmaterial gespart. Inhabergeführte Buchhandlungen haben zudem den Vorteil, nicht an Konzerne gebunden zu sein.

Ähnliches gilt für den Online-Buchmarkt. Rund zwanzig Prozent des deutschen Buchhandels fand 2018 laut dem „Amazon Watch Report“ der Universität St. Gallen über den Dienst Amazon statt. Nicht nur für seinen ökologischen Fußabdruck erntet der Versandriese berechtigte Kritik. Auch die Verdrängung des lokalen Handels macht ihn zu einer wenig nachhaltigen Wahl. Seiten wie genialokal, buch7 oder ecolibri sind gute Alternativen, wenn doch mal kein Weg an der online Buchbestellung vorbeiführt.

 

Aufgeben müssen wir das Lesen für ein nachhaltiges Leben also glücklicherweise nicht. Und Konsumgut hin oder her: Neben den materiellen Kriterien können Bücher auch inhaltlich Inspiration zu einem umweltfreundlichen Lebensstil sein. Ob in Sachbüchern wie Jonathan Safran Foers Wir sind das Klima oder Romanen wie Maja Lundes Die Geschichte der Bienen, die literarische Auseinandersetzung mit Umweltthemen hat das Potenzial, das gesellschaftliche Bewusstsein für die Notwendigkeit nachhaltiger Lebensweisen zu stärken.

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