Goodreads – Ein Selbstexperiment

Die Goodreads-App. Bild: Evelyn Messel

Als am Ende des Jahres 2019 in den sozialen Medien manche die Erfüllung der „Goodreads Reading Challenge“ feierten oder andere das Nichterfüllen bedauerten, fragte ich mich, was es eigentlich damit auf sich hatte. Sogleich suchte ich also Goodreads auf, auf das ich bisher nur auf der Suche nach Literaturzitaten gestoßen war.

„Meet your next favorite book“ – das verspricht die Leserplattform Goodreads. Im ersten Moment klingt das ein wenig wie ein liebloser Werbespruch einer Dating-Website. Statt eines Partners soll man nun eben ein Buch fürs Leben (oder für eine Nacht) finden. Das Katalogisierungssystem ermöglicht es, jedes Buch samt Klappentext, Rezensionen und Buchvorschlägen zu finden und diese dann in virtuellen Regalen (beispielsweise nach Themen oder Genres sortiert) oder in Lesewunschlisten einzuordnen.

Die Goodreads Reading Challenge. Bild: Evelyn Messel

Gleichzeitig lässt sich mit der bereits genannten Reading Challenge ein Leseziel festlegen. Man dokumentiert dabei jedes gelesene Buch und versucht, das gesetzte Ziel innerhalb eines Jahres zu erfüllen. Dabei kann der Fortschritt bei jedem Buch durch die Angabe der Seitenzahl oder durch den prozentualen Anteil an gelesenen Seiten festgehalten werden.

Hat so ein Dokumentierungssystem einen Einfluss auf das Leseverhalten? Liest man mehr oder weniger? Schneller oder langsamer? Um diese Fragen zu beantworten, lud ich mir Anfang Januar die Goodreads-App auf mein Smartphone runter und setzte mir ein Jahresziel von dreißig Büchern. Zugegebenermaßen war dies ein niedriges Ziel für meine Lesegewohnheiten, aber ich wollte nicht riskieren, meine erste Reading Challenge zu verlieren.

Zunächst war es etwas seltsam, mein eigenes Lesen so akribisch zu dokumentieren. Nach jeder Lese-Session trug ich ein, wie viele Seiten ich gelesen hatte. Ich merkte, dass es mich motivierte, immer höhere Zahlen eintragen zu können und meinen Fortschritt so zu verfolgen. Und tatsächlich spiegelte sich diese erhöhte Lesemotivation in den Zahlen wieder. Ende Juli erreichte ich so bereits mein eigentliches Jahresziel. Ich las in der ersten Hälfte des Jahres viel mehr als in den Jahren zuvor. Dies könnte zwar auch den Corona-Maßnahmen geschuldet sein, allerdings hatte ich dennoch nicht viel mehr Zeit als sonst.

Jedes Buch kann mit Sternen bewertet werden. Bild: Evelyn Messel

Auch andere Funktionen von Goodreads hatten einen Einfluss auf meine Leseerlebnisse. Jedes Buch lässt sich durch ein 5-Sterne-System und/oder durch eine Rezension bewerten. Häufig scrollte ich schon vor dem Lesen durch die Rezensionen des jeweiligen Buches. Manchmal führte dies dazu, dass ich mit bestimmten Erwartungen, die ich ansonsten nicht gehabt hätte, in die Lektüre ging.

Dadurch dass Hunderte von User-Rezensionen an einem Ort zu finden sind, ist eine Auseinandersetzung mit der Lektüre erleichtert und ermöglicht Diskussionen mit anderen und auch mit sich selbst. Beispielsweise kam ein Buch, das ich nicht sonderlich gut fand, auch in den Rezensionen nicht gut an. Es lohnte sich, sich für dieses Gefühl der Bestätigung durch das Buch gekämpft zu haben. Allerdings ging es auch in die andere Richtung: eine Lektüre, die von Kritikern gelobt und mir mehrmals empfohlen wurde, fand ich enttäuschend. Dies zwang mich zu Überlegungen darüber, was mich an dem Buch überhaupt störte. Insgesamt merkte ich, dass ich, vor allem auch durch das Bewertungssystem mit Sternen nach jedem beendeten Buch, viel mehr über das Gelesene nachdachte. Ich fand heraus, mit welchen Wertungskriterien ich Literatur überhaupt bewerte und was ein gutes Buch für mich ausmacht.

Interessant wird sein, dass man in der Zukunft nachverfolgen kann, was oder wie viel man zu einem bestimmten Zeitpunkt gelesen hat. Was habe ich eigentlich während der Corona-Pandemie gelesen? Wie viel habe ich während meiner Studienzeit gelesen? Goodreads wird so zu einer Art Fotoalbum, das dokumentiert, welche Bücher einen in bestimmten Lebensabschnitten begleitet haben.

Es gibt auch ähnliche Seiten wie Goodreads. Lovelybooks ist beispielsweise das deutsche Pendant dazu. Auch hier kann man Leselisten erstellen, Rezensionen schreiben, sich mit anderen Lesern vernetzen oder an sogenannten Leserunden teilnehmen, um neue Bücher zu entdecken. Für Leseliebhaber gibt es auf beiden Websites viel zu entdecken.

2 Kommentare

  1. Hallo,

    ich benutze Goodreads seit Eeeeewigkeiten, nutze es aber sicher nicht so umfassend, wie ich könnte! Früher war ich dort mal eine Zeitlang in diversen Gruppen aktiv, aber seit ein paar Jahren trage ich eigentlich nur ein, was ich lese, und poste danach meine Rezension.

    Ich habe irgendwie ein bisschen Übersättigung, weil es inzwischen so viele Plattformen gibt! Ich bin bei Lovelybooks, WhatchaReadin‘, Was liest du?, Goodreads, außerdem bei diversen sozialen Medien… Aber dein Beitrag hat mich daran erinnert, dass ich das ohnehin mal reduzieren wollte und mich nur auf ein oder zwei davon konzentrieren.

    LG,
    Mikka

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