Spiel ’19 – Eine Odyssee im Spielemeer

Das Menschenmeer der Essener Spielemesse 2019

Die Spiele und ihre Aussteller stellen sich mehr als die Felsen in der Brandung heraus. Bild: Daniel Kost

Sobald die dritte U-Bahn den Berliner Platz ignoriert, obwohl sie leer ist und der Steig voll, weiß man, es ist  eine Messe in der Stadt und der Hauptbahnhof muss entlastet werden – und Wochenende. Genauer gesagt Samstag, der 26.10.2019, der dritte und vorletzte Tag der Messe „Spiel ’19“ in Essen. Der Sweet Spot, wo noch nicht alles ausverkauft ist, aber jeder Zeit hat. So erwartbar das Verkehrschaos und der vollgepackte ÖPNV dann sind, so überraschend kommt die unverständliche Durchsage, bitte nicht bis zum Grugapark durch zu fahren und bei Messe Ost auszusteigen. Der nahezu verlassene Eingang und die vakanten Hallen dahinter lassen bereits hoffen, dass der Betrieb zwischen den Ständen nicht genauso wird wie die Reise bisher: Beengend.

Die Privatsphäre bleibt leider nicht geschont in der Masse an Besuchern, die durch die Gassen der mannigfaltigen Stände strömen, angespült aus aller Welt. Wie zuvor erstrecken sich die internationalen Angebote über sechs Hallen und bieten längst nicht nur Brettspiele an: Kostüme, Bücher, Holzarbeiten aus Zentraleuropa, Spezialmöbel, Filme weit unter aktuellen Ladenpreisen, Werke unabhängiger Künstler etc. Aber trotz der unzählbaren Besucher und ähnlich vielen Aussteller (mit über 1.200 haben selbst die Veranstalter keine genauen Zahlen) war die Luft ganz angenehm.

Verständlicherweise lässt sich nicht auf jeden Stand einzeln eingehen; der Zeitraum ist dafür nicht annähernd lang genug. Es lässt sich an einem Tag nicht einmal alles ansehen, wenn man sich mit mehr als zwei Vertreter zusammen hinsetzt. Zum Beispiel jemandem von einem neuen Studio aus Spanien, der alles über deren erstes Kickstarter-Projekt Runaljöd. The Sound oft the Runes in die Welt hinaustragen möchte: Ein Co-op Adventure-Tabletop, in dem man die Runen genauso oft wie Würfel fallen lässt, um in z.T. stundenlangen Kampagnen Monstren zu bekämpfen und Wunder zu wirken. Mit einer Prise Rollenspiel oben drauf. Für jemanden, mit einer Faszination für nordische Mythen und Legenden sehr ansprechend.

Im Gegensatz zum Trend des letzten Jahres funktioniert das 2020 erscheinende Runaljöd ganz ohne App-Unterstützung. Die Eindrücke des Wochenendes lassen überdies vermuten, dass der Markt wieder zurück zu Pappe und Papier, Holz und Plastik schwappt, wie die ganzen überfüllten Spieleecken eindrucksvoll demonstrieren; den Anblick einer unverhüllten Tischplatte sucht man vergeblich. Entsprechend voluminös sind auch die Einkäufe der anderen Messebesucher, die teilweise mit Taschen und Koffern bewaffnet, die etlichen Verkaufsstände und Grabbeltische belagern. Ich persönlich begnüge mich mit allerhand Untersetzern, Postern und Postkarten – sogar ein paar Würfeltürme passen ins Budget. Brettspiele sind leider kein billiges Vergnügen und monetärer Schiffsbruch ist erst keines.

Und nach einer beschwerlichen Heimreise bleibt nur noch eines: Die nächste „Spiel“ abwarten.

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