Schon ist sie wieder vorbei – die Leipziger Buchmesse. Wir haben in vier Tagen Messe alte Bekannte getroffen, massenhaft Neues entdeckt und zu viel Geld für Messe-Fastfood ausgegeben. Hier gibt‛s unsere digitalen Highlights der #LBM16 im Überblick.
#LBM16 in Zahlen:
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Alte Bekannte
Sie sind gekommen um zu bleiben: E-Books, Self-Publishing und Schreib-Software. Worüber man vor ein paar Jahren noch stritt und diskutierte, das ist heute längst fest in der Branche etabliert. Aussteller wie Libri, BoD, Tolino, Kindle und Amazon-Publishing erschließen sich immer größere Erfolgsräume … und immer größere Werbeflächen.
Besonders auffällig war in diesem Jahr der weitläufige, sommerliche Stand der Social Reading Plattform „LovelyBooks‟. Mit einem begrünten Meet-And-Greet-Bereich und exklusiven Großveranstaltungen für Mitglieder demonstrierte das Unternehmen, das der Holtzbrinck-Verlagsgruppe angehört, seine wachsende Beliebtheit bei der deutschen Online-Lesergemeinde. Mit über 160.000 angemeldeten Mitglieder bezeichnet sich die Plattform selbst als „größte Buchcommunity im deutschsprachigen Raum‟.
Neue Entdeckungen
Auch wenn man auf der Buchmesse viel stöbert und entdeckt, kommt es doch eher selten vor, dass man so richtig ins Staunen kommt.
Uns passierte das bei Meta-Buch. Was uns so begeistert hat: Es lässt sich wie ein normales Buch anfassen und umblättern – dann ganz plötzlich erscheint eine 3D-Grafik auf dem Bildschirm, ein Video startet oder ein Wissenstest bringt die Gehirnzellen in Bewegung. Meta-Buch ist eine App, die es Verlagen ermöglicht, gedruckte Bücher um digitale Inhalte zu erweitern. Wenn das die Zukunft des Buches ist, dann ist ja alles gut. Digitale Werkzeuge für Verlage waren in diesem Jahr im Trend. Ein weiteres, das wir direkt ausprobiert haben: book2look. Das Social-Marketing-Tool ermöglicht es, Online-Leseproben von Büchern zu erstellen. Per Smartphone und Barcode gibt‛s die Leseprobe aufs Endgerät. Eine weitere Entdeckung war für uns das Unternehmen epidu. Es umfasst unterschiedliche Konzepte an der Schnittstelle von Literatur und Netz, wie beispielsweise E-Book-Cards oder die Idee, als „Web 2.0-Verlag‟ die Leser über das Verlagsprogramm entscheiden zu lassen. Direkt für den Endkunden gibt es schon seit 2014 die App „A Story A Day‟, herausgegeben vom Verlag Voland & Quist. Wer sich das Abo gönnt, erhält jeden Tag eine neue Kurzgeschichte aufs Smartphone. Eine schöne Idee für alle, die wenig Zeit und viel Lust auf Geschichten haben.
Ein besonderer Hotspot für digitale Ideen auf der Leipziger Buchmesse war in diesem Jahr die Präsentation der Start-ups im „Neuland 2.0‟. Über einige haben wir auf Digitur schon berichtet, zum Beispiel über den Spritz eReader mit der ungewöhnlichen Textpräsentation oder über LOG.OS, das eine neue Universalbibliothek mit Social-Reading-Funktion sein möchte. Auch Papego, die Software, die eine digitale Erweiterung von gedruckten Büchern darstellt, haben wir schon unter die Digitur-Lupe genommen, ebenso wie Pixelcraftbooks – den Ort, an dem die „schönen E-Books‟ entstehen. Über einige werden wir bald noch ausführlicher berichten, wie über die „transmedialen‟ Geschichten von „Thadeus Roth‟. Mindestens erwähnenswert sind darüber hinaus Start-ups wie Blinkist. Die Idee dahinter: Lesen bildet, aber Blinkist bildet schneller. Mit Hilfe von Blinkist sollen Bücher quasi im Vorbeigehen, in einem Wimpernschlag, gelesen werden. Dazu fasst das Unternehmen Bücher zu Kernaussagen zusammen, sodass zum Beispiel Einsteins Werk und Wirken mal eben in der Bahn studiert werden können. Das Ganze funktioniert als Abo-Modell. Aber nicht nur für Leser ist der Gedanke von softwaregestützter Aufwandsminimierung reizvoll. Auch Autoren lassen sich von Programmen helfen – zum Beispiel von Beemgee. Die Software soll es ermöglichen, beim Schreiben den Überblick über Figuren, Handlungsstränge und Zeitebenen zu behalten. Sieht schick aus, ist aber nicht die erste ihrer Art. Wer den Schritt zum eigenen Buch dann gemeistert hat, es via Selfpublishing sogar auf eigene Faust veröffentlicht, der möchte es vielleicht auch selbst bewerben. Hilfe beim DIY-Buchmarketing bietet die Online-Software lituro, die Autoren mit verschiedenen Tools zur eigenen Webpräsenz verhilft.
Und was machen die Blogger?
Die heimlichen Stars der Buchmesse waren mal wieder die Buchblogger. Verachtet, verkannt, gehypt und jetzt vielleicht endlich ernst genommen, fanden auch in diesem Jahr jede Menge kleinere und größere Exklusiv-Veranstaltungen für sie statt. Die Bloggerlounge aus dem letzten Jahr stand bereit und die Akkreditierung der Blogger nicht zur Debatte. Damit bleiben die Veranstalter der LBM – wie auch die meisten Verlage – ihrem blogaffinen Kurs treu.
In diesem gefälligen Rahmen wurden Veranstaltungen wie die Podiumsdiskussion „Buchbeschleuniger – Literatur zwischen Feuilleton und Blogosphäre‟ und die erste Bloggerkonferenz der Messeschichte realisiert. Beide Events hätten unterschiedlicher nicht sein können: Während bei der Podiumsdiskussion, u.a. mit Ijoma Mangold (Die Zeit), Andreas Platthaus (FAZ) und Thierry Chervel (lit21, Perlentaucher), kein Blogger an der Diskussion beteiligt war (der den Diskutanten hätte erklären können, was ein Blog eigentlich ist), stattdessen viel über die Unterschiede hinsichtlich Qualität und Glaubwürdigkeit gesprochen wurde, forderte Karla Paul (Edel eBooks und Buchkolumne) die Besucher der Bloggerkonferenz mit viel Nachdruck auf, endlich die „Flauschzone‟ zu verlassen und zu „Vollprofis für die leidenschaftliche Hingabe zum Buch‟ zu werden.
Professionalisierung ist damit wohl das Wort der Stunde – auf beiden Seiten. Das haben auch andere erkannt. Servicedienstleister wie „Blogg dein Buch‟ und „NetGalley‟ stoßen schon jetzt in die vermeintliche Kommunikationslücke, die zwischen Bloggern und Verlagen noch unternehmerische Freiräume verspricht. Es bleibt also spannend, wie es mit den Buchbloggern weitergehen wird. Die nächsten Veranstaltungen, die LitBlog Convention und das LiteraturCamp Heidelberg, werden da vielleicht schon erste Antworten geben.
Kristina Petzold