Buchvorstellung und Interview: „Social Media & Fake Facts“ von Sophie Greve

Autorin Sophie Greve stellt ihr neues Buch „Social Media & Fake Facts“ vor. (Bild: Sophie Greve)

Unsere ehemalige Digitur-Redakteurin Sophie hat den Sprung ins Autorinnenleben geschafft! Seit diesem September gibt es ihr erstes Buch „Social Media & Fake Facts — Kollektivsymbole in Verschwörungsmythen“ beim Tectum Verlag für 28,00 € zu kaufen. In ihrem Werk widmet sie sich der Verbreitung von Verschwörungsmythen in den sozialen Netzwerken. Anhand von Beispielen aus Telegram, Twitter und Instagram erläutert die Autorin, wie Kollektivsymbole dazu beitragen, Verschwörungsmythen schnell und unter einen großen Masse auf Social Media zu verbreiten. Egal ob Attila Hildmann oder Donald Trump, wenn von Schlafschafen und Marionetten die Rede ist, werden Aussagen schnell uneindeutig und schwer widerlegbar, denn wer nun das Schaf oder die Puppe ist, klärt niemand auf. Nach einer detaillierten Analyse von diesen und weiteren Beispielen bietet die Autorin in ihrem Buch auch eine Handlungsanleitung zum Umgang mit solcherlei Verschwörungen im Netz. Mit Debunking und Counter Speech können sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen ein Zeichen setzen und dafür sorgen, dass Verschwörungsmythen wie Kartenhäuser zusammenfallen.

Im Großen und Ganzen beschäftigt sich Sophie Greve mit einem höchst aktuellen Thema, das uns die kommenden Jahre noch begleiten wird, und macht ihr Buch somit unentbehrlich. Auch wenn es in der Sachbuchsparte zu verorten ist, ist es spannend zu lesen, da jede:r von uns der aufgegriffenen Problematik schon einmal im Alltag begegnet ist. Nach dem Lesen fühlt man sich etwas gerüsteter den Querdenker:innen und Trumps dieser Welt entgegenzutreten, da man die Dynamiken hinter deren Posts besser begreift und vielleicht einen kleinen Beitrag zur Aufklärung über deren Online-Rhetorik leisten kann.

Gespräch mit der Autorin Sophie Greve

Warum hast du dich für dieses Thema entschieden?

Ich habe mich mit diesem Thema so intensiv beschäftigt, weil es durch die Coronakrise einen medialen Aufschwung um Verschwörungsmythen gab. Das heißt nicht, dass Verschwörungsmythen nicht vorher auch schon präsent gewesen wären. Ich habe einfach das Gefühl, dass durch die Präsidentschaftswahl und durch die Coronakrise – zwei meiner Meinung nach ausschlaggebende Punkte – die Thematik nochmal mehr Aufmerksamkeit in der Medienwelt und damit auch in unserem persönlichen Alltag bekommen hat. 

Gleichzeitig sind die sozialen Medien auch ein sehr dynamisches Feld. Und gerade die Verbindung aus politisch relevanten Themen und den sozialen Medien, die sich tagesaktuell immer weiter entwickeln, war in meinem Alltag sehr präsent. 

So bin ich auf die Thematik der Verschwörungsmythen gestoßen und die Frage, wie sie eigentlich in sozialen Medien verbreitet werden. Was verbirgt sich alles dahinter? Auf jeden Fall unglaublich viel mehr als man vielleicht auf den ersten Blick durch die Medienberichterstattung erkennt.

Was ist an dem Thema wichtig?

Das Buch „Social Media & Fake Facts“ ist im Tectum Verlag für 28,00 € zu erwerben.

Jede:r musste sich im letzten Jahr auf irgendeine Art und Weise mit dem Thema auseinandersetzen. Man hat meist direkt oder indirekt Berührungspunkte mit Verschwörungsmythen — ob durch Social Media oder durch die traditionellen Medien. Aber auf jeden Fall durch Bewegungen wie ‚Querdenken‘ oder Parteien wie die AfD sind wir gerade im Wahlkampfjahr auf Verschwörungsmythen gestoßen. Es ist ein sehr aktuelles Thema und gerade diese Aktualität ist es, die mich fasziniert. 

Sie hat mich dazu gebracht zu ergründen, was dahintersteckt. Denn Verschwörungsmythen an sich sind gar kein neues Phänomen. Kollektivsymbole an sich sind auch kein neues Phänomen. Aber die Verbreitung von Verschwörungsmythen anhand von Kollektivsymbolen über die sozialen Medien das ist dann ein Thema, das wissenschaftlich bisher noch nicht so bearbeitet wurde. Es gibt viele Forschungen zum Thema Kollektivsymbole und Verschwörungsmythen in den traditionellen Medien. Aber ich schaue mir in meinem Buch an, wie Verschwörungsmythen anhand von Kollektivsymbolen über die sozialen Medien verbreitet werden.

Warum sprichst du in deinem Buch vom Verschwörungsmythos und nicht von einer Verschwörungstheorie?

Der umgangssprachliche Begriff der Verschwörungstheorie ist in letzter Zeit immer stärker kritisiert worden. Sowohl in den Medien als auch in der Wissenschaft. Wie darf der Begriff ‚Theorie‘ überhaupt verwendet werden? Eine Theorie ist erst einmal eine nachprüfbare Annahme über die Welt, die aber auch wieder verworfen werden kann, wenn sie sich als falsch herausstellt. Theorien sind nicht endgültig. Erzählungen von Verschwörungsideolog:innen zeichnen sich am Ende aber genau dadurch aus, dass sie sich der Nachprüfbarkeit entziehen. Sie beharren auf ihrer Meinung, unabhängig von der Anzahl der Gegenbeweise. Deshalb sage ich: Den Theoriebegriff kann man an dieser Stelle gar nicht verwenden. Auch wenn das in den Medien gerne gemacht wird und umgangssprachlich meist von Verschwörungstheorien gesprochen wird. Aber wenn man genauer hinguckt, dann müsste man eigentlich umdenken. Denn durch die Rede von Verschwörungstheorien wird jede Erzählung und noch so abstruse Idee zu einer Theorie aufgewertet und am Ende des Tages wertet man damit auch wirre Vorstellungen von beispielsweise Querdenkern zu einer wissenschaftlichen Theorie auf, obwohl diese an der Stelle  überhaupt nicht zugrunde liegt. Was zugrunde liegt ist nämlich eigentlich ein Mythos, eine Erzählung.

Warum sind Debunking und Counter Speech wichtig?

Debunking und Counter Speech sind unglaublich wichtig. Ich weiß, dass es ein schwieriges Thema für viele ist, denn es erfordert natürlich Mut, sich online gegen Hassreden zu stellen. Man muss sich klar positionieren. Zum einen tritt man der verbreiteten Meinung entgegen und kann den:die Verfasser:in der Kommentare berichtigen. Man kann ihm:ihr vielleicht sogar eine wissenschaftliche Quelle zur Hand geben, um so auch eine wissenschaftlich korrekte Diskussion zu starten. Zum anderen ist Counterspeech auch für alle stillen Leser:innen in den sozialen Medien wichtig. Als Beispiel: Wenn ich in den sozialen Medien unterwegs bin, dann kommentiere ich Posts oft nicht. Aber ich lese mir die Kommentare durch und nehme sie wahr. Wenn nun unter einem Beitrag viele Falschinformationen gespreadet werden oder politische Propaganda vertreten ist, beeinflusst das am Ende des Tages natürlich auch mein Denken. 

Und deswegen ist es ganz wichtig, dass man, wenn man sieht, dass Falschinformationen oder Verschwörungsmythen verbreitet werden, dann eingreift und kommentiert. Man muss nicht direkt anfangen zu diskutieren, man kann auch einfach auf wissenschaftlich korrekte Quellen verweisen. Dadurch beeinflusst man dann schon das gesamte Kommentarbild und ein:e stille:r Mitleser:in kann dann sehen: Hier hat jemand auch eine andere Meinung. Das heißt man kann selbst die Wirkung der Kommentarspalte beeinflussen. 

Am Ende des Tages konsumieren wir alle täglich soziale Medien und selbst wenn wir intelligente und logisch denkende Menschen sind, beeinflusst es uns, wenn wir in einer Filterblase gefangen sind. Diese Filterblasen und Echokammern können sehr gefährlich sein. Diese gilt es aufzubrechen. Deswegen gibt es in meinem Buch auch eine kleine Handlungsanleitung zum Umgang mit Verschwörungsmythen und Fake Facts. Dort gebe ich konkrete Vorschläge, wie man als Unternehmen und als privater User reagieren kann.

Wie bist du dazu gekommen ein Buch zu schreiben?

Ich habe an der Universität Duisburg-Essen studiert und dort auch meinen Master-Abschluss gemacht. Meine Fächer waren Literatur- und Medienpraxis und Kommunikationswissenschaft. Ich habe am Ende meines Studiums meine Masterarbeit verfasst und diese habe ich tatsächlich auch schon zu dem Thema geschrieben, von dem auch mein Buch handelt. 

Während ich die Masterarbeit geschrieben habe, habe ich schon gemerkt: Das ist ein Thema, das sehr präsent ist. Das lässt sich noch ausbauen. Da gibt es noch unglaublich viel Material. 

Und schon während des Schreibprozesses habe ich für mich entschieden, dass ich so viel Zeit in das Schreiben der Arbeit investieren möchte, dass ich am Ende auch ein Buch daraus machen kann. 

Ich habe dann auch nachdem ich die Masterarbeit abgegeben habe direkt daran weitergearbeitet und das ganze Thema ausgearbeitet. Über die Hilfe meines Dozenten, der meine Masterarbeit betreut hat, konnte ich Kontakte knüpfen. Ich habe mein Buchmanuskript beim Tectum Verlag eingereicht und dort ist es dann in der Reihe ‚Literatur und Medien‘ auf Begeisterung gestoßen und wurde nun veröffentlicht.

War es schon immer dein Wunsch mal ein Buch zu schreiben?

Da muss ich tatsächlich sagen: Ja. ein Buch zu schreiben war schon immer ein Ziel von mir. Ich habe schon in der Uni gemerkt, dass das Schreiben mir unglaublich viel Freude bereitet. Mich in Themen hineinzudenken und mich lange damit zu beschäftigen macht mir einfach Spaß. Und ich bin auch sehr stolz darauf, dass ich diesen Wunsch jetzt umgesetzt habe. Das war auch viel Arbeit — das darf man nicht unterschätzen — aber es war eine schöne Arbeit.

Es ist schon ein ganz tolles Gefühl, dieses Projekt nun beendet zu haben. Deswegen kann ich es fast gar nicht glauben, dass ich das Buch wirklich gebunden zu Hause liegen habe. Das muss ich erstmal realisieren.

 

 

Wir wünschen Sophie weiterhin alles Gute und warten gespannt auf das nächste Buch!

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