Das „Kulturgut Buch“ wird in Deutschland besonders geschützt. Auch der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7%, der beim Kauf erhoben wird, trägt dazu bei. Doch schützenswert erschien bisher nur das gedruckte Buch. Der selbe Text geht als Hörbuch oder E-Book mit 19% über die Ladentheke. Das soll sich bald ändern.
Bücher werden per Gesetz anders behandelt als andere Waren. Die Buchpreisbindung, Vergünstigungen beim Versand oder der ermäßigte Mehrwertsteuersatz machen den Unterschied zu Kühlschränken, Autos, Kochtöpfen, Kleidung, Spielzeug u.Ä. Denn Bücher werden nicht als bloße Wirtschaftsware angesehen, sondern als Informationsmittel und Kulturgut. Maßnahmen wie die ermäßigte Mehrwertsteuer auf Bücher und Zeitungen sollen dazu beitragen, allen Menschen den Zugang zu Wissen und Kultur zu erleichtern. Im Zeitalter der Digitalisierung stellt sich die Frage: Warum sollte dies nur für gedruckte Medien gelten?
Auch die Politik hat sich dies gefragt und plant den Mehrwertsteuersatz für Hörbücher, E-Books, E-Papers und andere elektronische Informationsmedien an den gedruckter Bücher anzugleichen und somit zu senken. Bei einer Klausurtagung der Bundesregierung Ende April haben CDU/CSU und SPD einen entsprechenden Beschluss gefasst. Darin heißt es auch, man dringe auf Grund der rasant voranschreitenden Digitalisierung auf eine zügige Umsetzung. Ganz so schnell werden diese Änderungen aber wohl nicht realisiert werden – zumal ein Unterschied zwischen Hörbüchern und E-Books besteht. Bei den Hörbüchern ließe es die Europäische Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie bereits zu, den ermäßigten Satz einzuführen, für E-Books & Co. bestünde bisher allerdings keine entsprechende Möglichkeit. „Uns ist daher wichtig, dass Deutschland sich in den Gesprächen und Verhandlungen auf europäischer Ebene nachdrücklich für eine entsprechende Ausnahme einsetzt“, hält der Beschluss fest.
Trotz aller Fragen nach Möglichkeiten und Dauer der Umsetzung ist ein erster Schritt getan. Die Medien und vor allem die entsprechenden Branchen reagierten allerdings unterschiedlich. Die IT-Nachrichtenplattform zdnet.de zitiert Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder, nach dessen Meinung es ein längst überfälliger Schritt sei, elektronische Bücher den gedruckten Büchern steuerlich gleichzustellen. Auf boersenblatt.net führten dagegen kommentierende User Bedenken an, ob ein gesenkter Mehrwertsteuersatz für den Buchhandel nicht eher von Nachteil sei. Besonders aufschlussreich und interessant ist vor allem das Interview mit Alexander Skipis, dem Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, das Deutschlandradio Kultur führte. Skipis sieht zwar einen Wettbewerb, aber keinen Nachteil für den stationären Buchhandel.
Übrigens: Amazon führt beim Verkauf von E-Books zurzeit nur 3% Mehrwertsteuer ab, weil der Internethändler in Luxemburg sitzt. Hierauf hat die EU bereits reagiert. Amazon muss ab 2015 für deutsche E-Book-Käufer auch den deutschen Mehrwersteuersatz abführen. Wie hoch oder niedrig dieser dann sein wird, bleibt abzuwarten.
Doch es besteht Hoffnung, dass bald Ordnung in das bisherige Mehrwertsteuer-Chaos kommt. Und es bleibt spannend, wer unterm Strich tatsächlich von der Senkung profitiert.
Katharina Reich