Filmausschnitte, die mit einem Beamer an die Wand projiziert werden, Schauspieler mit Smartphones und Laptop in der Hand, Roboter auf der Bühne. Die Digitalisierung hat auch das Theater längst erreicht. Schon seit Jahren wird das klassische Schauspiel auf der Bühne mit den Techniken von heute verknüpft. So können beispielsweise Filmausschnitte zeigen, was in der Vergangenheit stattgefunden hat, wie verschiedene Zwischenhandlungen aussehen und was sich hinter der Bühne abspielt. Erst neulich wurden bei einer Ballettaufführung des Schwanensees im Aalto-Theater in Essen plötzlich künstlerisch gefilmte Szenen gezeigt, die die Verwandlung des Schwans dargestellt haben.
Doch es geht mittlerweile weit über Filmausschnitte hinaus. Das Berliner Theaterkollektiv Manufaktur hat beispielsweise in seiner Produktion Pinocchio 2.0 seine Pinocchio-Figur durch einen Androiden ersetzt. Die Geschichte von Carlo Collodi wird auf der Bühne also mithilfe eines Roboters erzählt und in das Jahr 2084 versetzt. Literatur trifft Theater und Theater trifft Digitalisierung Mithilfe von Robotern. So könnte man es nennen.
Auch das Festival Wir sind die Zukunft. Künstlerische Positionen zum digitalen Leben der Schaubude Berlin hat vom 27. Februar bis 6. März 2018 diese Neuerungen thematisiert. Der Künstlerische Leiter Tim Sandweg sprach mit dem Deutschlandradio über das Festival und das Phänomen des Digitalen im Theater. Die Fragen, die während des Festivals aufkamen und auch auf der Homepage der Schaubude stehen sind folgende: Wie verändert sich das Verhältnis von Mensch und Maschine? Wie reagiert die Gesellschaft auf die Digitalisierung? Das Theater kann Hilfe sein diese Fragen genauer zu reflektieren. Auch Koproduktionen der Programmreihe DIGITAL IST BESSER zeigen dies auf unterschiedliche Art und Weise. Pinocchio 2.0 ist nur eine davon.
Die Schaubude zitiert Peter Weibel, den Leiter des Zentrums für Kunst und Medien in Karlsruhe:
In Zukunft werden wir ein Theater der Dinge haben. Schauspieler werden mit Robotern und autonomen Gegenständen spielen.
Autonome Gegenstände, über das Puppentheater hinaus, werden demnach die Zukunft sein. Doch die Digitalisierung des Theaters geht noch weiter, beziehungsweise zeigt sich schon längst, wenn auch oftmals hintergründig. So bemerkt auch Tim Sandweg, dass nahezu jedes Theater mittlerweile in den Social Media Kanälen aktiv ist und auch die gesamte Bühnen- und Lichttechnik, also alles was hinter den Kulissen stattfindet, ist längst digital. Diese Digitalisierung überträgt sich nun eben auch auf die Bühne. Schließlich sei das Teil der Gesellschaft, so wie auch die SchauspielerInnen Teil der Gesellschaft sind, so Sandweg. Das Theater müsse vieles ausprobieren und schauen, wie es in der Zukunft weiter geht, was bei dem Publikum beliebt ist und was nicht.
Digitur stellt sich dabei die Frage inwiefern Roboter auf die Bühne gehören oder nicht. Reicht es nicht mehr aus, dass verschiedene Filmausschnitte in Theaterstücke integriert werden? Und sind Roboter die Zukunft des Theaters? Es kommt vermutlich auf das Thema des Theaterstücks oder die Literatur als Vorlage an. Romeo und Julia kombiniert mit Robotern? Unvorstellbar. Orwells 1984 wäre schon eher machbar. Doch kann ein Roboter dabei wirklich gut schauspielern, kann er die nötige Empathie und Authentizität mitbringen, um die Aussage des Stückes glaubhaft zu machen? Bei dem Thema Digitalisierung im Theater stellen sich viele Fragen. Sich an eine Leinwandprojektion oder technischen Geräten auf der Bühne zu gewöhnen ist die eine Sache, aber Roboter, die klassische Literatur zeigen eine andere. Vielleicht muss sich einfach jeder Theaterbesucher wie immer selbst davon überzeugen. Die Digitalisierung im Theater – Digitur ist gespannt, wie sie sich weiter entwickelt.
Isabel Grabow