Peter Jacksons Der Herr der Ringe-Trilogie. Nicht die erste Idee, wenn es um Reisegefühl geht, aber man muss bedenken: Oft wird der Fantasy bzw. ihren Leser*innen unterstellt, einfach vor der Realität zu flüchten (Weltflucht). Dieser Vorwurf kommt nicht von ungefähr und besteht höchstwahrscheinlich seitdem Literatur an und für sich existiert, bietet sie doch interessante Geschichten und Perspektiven. Gerade Fantasy und, eng verwandt, Science Fiction bieten sich an, weil sie von ihren Welten leben, die mal mehr mal weniger sorgfältig entworfen und gestalten worden sind; Frank Herbert (Dune) z.B. hat mehrere Jahre allein am ökologischen Haushalt seiner Wüstenwelt gesessen. Sie eignen sich hervorragend, sich an einen anderen Ort zu versetzen.
Kaum ein Werk ist so bildgewaltig wie der Genre-Großvater Der Herr der Ringe von J.R.R. Tolkien. Schon die Bücher warten mit extensiven, manchmal zu langen Beschreibungen der Landschaft auf, durch die die verschiedensten Figuren reisen und ggf. gezerrt werden. Von idyllischen Wiesen über schneebedeckte Berge bis hin zu kargen Felsregionen. Schnell wird vergessen, dass Peter Jacksons Adaptationen, zumindest die wide shots, Neuseeland abbilden, sodass die Filme genauso Reiseabenteuer sind wie fantastisches Epos. Die Landschaften und das Franchise sind derart synonym zueinander, dass Hobbingen als tourist farm nachgebaut wurde und Elijah Woods Gesicht, ernst in die Kamera starrend, mindestens einen Flieger ziert. Überdies verfügt die Inselnation über eine ähnlich große Bandbreite geographischer Diversität; sie besitzt sogar eine Wüste. Leider lernt man so nichts über die faszinierende Mischung aus englischer und maorisch-polynesischer Kultur oder die einheimische Flora-Fauna, was allerdings durch Tolkiens Gründlichkeit akzeptabel kompensiert wird.
Wer knapp neun Stunden und was für alpine Vistas übrig hat, kann sich Der Herr der Ringe gönnen und von der natürlichen Schönheit Neuseelands mitreißen lassen, wenn die Handlung nicht bereits alle Aufmerksamkeit für sich hortet.