Diese Woche stand für uns Studierende mal wieder unter dem Stern des Poet in Residence. Nachdem die Veranstaltung im Sommer aufgrund der aktuellen Umstände ausfallen musste, wurde sie diesen Winter wieder möglich gemacht. Dabei wurde aus Poet in Residence allerdings eher Poet in Zoom, denn die Lesungen fanden Online statt.
Unser Gast: Sabine Gruber, Südtiroler Autorin, Verfasserin von Werken wie „Daldossi oder Das Leben des Augenblicks“ (2016) und „Die Zumutung“ (2003). Sie drehte drei Videos, in denen sie in ihrem Wohnzimmer saß und ihre Vorlesungen hielt. Diese wurden uns Studierenden über einen Server zugänglich gemacht und es stand uns frei, die Videos im Laufe der Woche ohne feste Termine anzusehen. Unterm Strich verlief dieser Teil der Veranstaltung eher unglücklich. Die Themen, die Gruber sich aussuchte, waren voll von Bedeutung, doch diese ging im Online-Format gänzlich unter.
„[Schreiben] ist die Inkorporation des Fremden.“ – Sabine Gruber
Es war schwer den Vorträgen zu folgen, die nicht dafür gemacht waren, in eine Kamera hineingelesen zu werden. Vielmehr hätten die Texte an die Form angepasst und in einer aufgelockerteren Weise, der man auditiv folgen kann, präsentiert werden sollen. Was ebenfalls schmerzlich fehlte, war die Gelegenheit zum Austausch mit der Autorin (zumindest für jene Studierenden, die sich im Vorfeld nicht für die Schreibwerkstatt angemeldet hatten). So mussten diese um ihre Inhalte beschnittenen Beiträge für sich selbst stehen.
Informativer gestaltete sich hingegen die Schreibwerkstatt. Der erste Tag startete mit einer ausgiebigen Fragerunde. Wir konnten unsere Probleme beim Schreiben schildern und Sabine Gruber nach ihren Schreibroutinen fragen. Die Autorin antwortete geduldig und ausführlich auf alle Fragen, manchmal schweifte sie ab. Doch ihre Erzählungen blieben immer spannende Berichte aus dem Alltag einer Schriftstellerin.
Schreibaufgaben gab es auch, wobei der Fokus auf der genaueren Ausarbeitung der eigenen Ideen lag. Die erste Aufgabe befasste sich mit einem Thema, das uns momentan alle beschäftigt: Corona. Wir hatten eine Stunde Zeit, einen Text zu verfassen, der die aktuelle Situation aufgriff, aber nicht die Worte „Pandemie“, „Virus“, „Covid-19“ oder ähnliches beinhaltete. Die Resultate beschrieben vor allem die Eintönigkeit des Alltags, die Langeweile.
Passend zu Grubers Vorlesung, die von Historie und Fotografie handelte, bestand die zweite Schreibaufgabe darin, ein altes Foto mit familiärem sowie historischem Bezug herauszukramen und dieses in einer Geschichte zu verarbeiten. Dazu blieb uns sogar ein ganzer Nachmittag Zeit und so wurden am dritten Tag bereits gut ausgereifte Ideen und Texte präsentiert. Von Opas im zweiten Weltkrieg, Müttern an der Berliner Mauer oder bei ihrer Jugendweihe und Uromas, die aus Schlesien vertrieben worden waren, handelten die Schriftstücke. Es war schön, solche doch sehr persönlichen Erinnerungen in literarischer Form miteinander zu teilen und manches war schlicht berührend. Wir besprachen die Texte, lobten uns gegenseitig und Sabine Gruber gab durchweg hilfreiche und konstruktive Kritik, der wir uns annehmen konnten.
Wir schlossen den dritten Tag mit einer letzten Aufgabe, die eher willkürlich schien, vielleicht als Lückenfüller gedacht war, um die verbleibende Zeit auszunutzen. In nur zwanzig Minuten sollten wir einen Dialog verfassen, der mit den Worten „Beleidigen Sie mich nicht“ begann. Mit einem letzten Schub von Kreativität entstanden die unterschiedlichsten Szenarios. Dabei war ich die mit Abstand unproduktivste und möchte euch mein Werk nicht vorenthalten:
„Beleidigen Sie mich nicht?“
„Nein, sollte ich?“
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Vorlesungen weniger, die Schreibwerkstatt dafür umso mehr Spaß gemacht hat. Trotzdem hoffe ich, dass der Poet in Residence in den kommenden Semestern wieder im Bibliothekssaal der Uni Essen vorlesen darf und dass viele tolle AutorInnen ihre Ratschläge in persona an uns weitergeben können.
Hat mittlerweile das gesamte Kontingent ihrer Lieblings-Bücherei verschlungen und jedes Genre einmal ausprobiert. Steckt ihre Nase nicht in einem Buch, findet man sie in Gesellschaft guter Freunde, auf dem Sportplatz oder mit einem Rucksack irgendwo in der Weltgeschichte.