Es ist Anfang Januar, und damit Zeit für einen Neuanfang. Wie jedes Jahr, haben wir uns bestimmt alle Vorsätze für das neue Jahr gemacht – einer, den wir alle teilen: Dieses Jahr halte ich mich aber wirklich länger als zwei Wochen an die Vorsätze!
All denjenigen, die mehr lesen oder ein neues Genre ausprobieren möchten, die achtsamer leben wollen, die sich etwas verloren oder deplatziert fühlen, oder die ihre Prioritäten im Leben überdenken wollen, möchte ich Das Café am Rande der Welt ans Herz legen.
John Strelecky nimmt uns nicht nur mit auf die Reise eines gehetzten Anzugträgers, sondern lässt uns mithilfe von witzigen, süßen, und einfach verständlichen Anekdoten sowie tiefgründigen Fragen unser eigenes Leben überdenken. Das Buch ist dabei so gestaltet, dass die sehr kurzen, illustrierten Kapitel überall gelesen werden können – ganz egal, ob bei einer ausgiebigen Lese-Session auf dem Sofa, in der Bahn, oder in der Küche, während das Teewasser aufkocht.
Das Café der Fragen
Stellt euch vor ihr seid auf dem Weg in den Urlaub, nach einer langen und anstrengenden Arbeitswoche. Ihr freut euch auf die lang ersehnte Auszeit, doch ihr fahrt geradewegs auf einen ellenlangen Stau zu. Streckensperrung, wie frustrierend. Genau so ergeht es John. Auf der Suche nach einer alternativen Route entfernt er sich von der Autobahn – und verfährt sich. Mitten im unbekannten Nirgendwo findet er jedoch ein kleines Café. Nichtsahnend, dass dieser unscheinbare Ort sein gesamtes Leben auf den Kopf stellen wird, geht er hinein.
(Und nein, er findet nicht die Liebe seines Lebens und beginnt ein ruhiges Leben auf dem Land – ihr könnt beruhigt weiterlesen!)
Auch wenn das Café zunächst normal erscheint, liegt doch etwas Seltsames in der Luft. Als John die Speisekarte umdreht, findet er drei Fragen auf dessen Rückseite:
Warum bist du hier?
Hast du Angst vor dem Tod?
Führst du ein erfülltes Leben?
Nun, das sind keine Gesprächsaufhänger für netten Smalltalk mit Fremden. Aber Smalltalk ist auch nicht der Zweck dieses Cafés am Rande der Welt…
Warum bist du hier? Oder: Der Zweck der Existenz
Schnell kommt John ins Gespräch mit der netten Bedienung Casey – diese
stellt ihm, wie zu erwarten, keine alltäglichen Fragen. Sie hilft ihm, die Fragen auf der Speisekarte zu verstehen und sich einer Antwort zu nähern.
John scheint alles zu haben, was ein gutes Leben ausmacht: einen gut bezahlten Job, der ihm gefällt, jährliche Urlaubsreisen, keine Krankheiten oder ähnlichen Sorgen. Aber ist er wirklich glücklich? Eine Lehre, die wir alle aus dem Café der Fragen mitnehmen können, lautet:
„Sobald ein Mensch weiß, warum er hier ist, warum er existiert, welchen Grund es dafür gibt, dass er am Leben ist, wird er den Wunsch haben, dem Sinn und Zweck seiner Existenz gerecht zu werden.“
Es geht nicht um das, was wir besitzen, oder erreicht haben, oder wie hoch wir angesehen werden. Nein, im Grunde geht es nur um eins: Tun wir Dinge und leben wir ein Leben, das unseren persönlichen Zweck der Existenz erfüllt? Der Hintergrund hierzu ist plausibel: Jeder Tag hat 24 Stunden, für uns alle. Es kommt darauf an, wie wir diese Vielzahl an Stunden füllen – und das haben wir alle selbst in der Hand. Anstatt in einen Trott zu verfallen, der uns nicht zufriedenstellt, können wir unsere wertvolle Zeit mit Dingen füllen, die uns glücklich machen. Und uns näher an unseren Zweck der Existenz rücken.
„Die Schildkröte kämpfte nie gegen die Wellen an, sondern nutzte sie für sich.“
Der Weg zum Glück über die Annäherung an unseren persönlichen Zweck der Existenz wird im Laufe der Geschichte genauer unter die Lupe genommen, einfach verständlich aufgeschlüsselt, und den Leser*innen mittels kleiner Anekdoten über Fischer oder Meeresschildkröten schmunzelnd nahegelegt. Und auch John lernt seine Lektion. Er macht es sich zur Aufgabe, seinen Zweck der Existenz herauszufinden, um sein Leben sinnvoller und erfüllender zu gestalten.
Mein Fazit
Ich finde die grundlegende Theorie des Sich-die Zeit-zu-Nutze-Machens und Loslassens von nicht-erfüllenden Dingen in unserem Leben zwar nicht sonderlich neu oder überraschend, aber das Buch hat auf mich gewirkt. Ich wollte etwas verändern. Und das habe ich auch tatsächlich getan: Ich habe ein Bullet Journal erstellt und mir Gedanken darüber gemacht, womit ich konkret meine Zeit verbringen möchte. Schließlich sind es häufig die kleinen Dingen im Leben, die einen Unterschied machen – so ist es jedenfalls in meinem Fall.
Allerdings denke ich, dass die „Moral der Geschicht“ in John Streleckys Buch etwas zu vereinfacht ist: Natürlich haben wir irgendwo alle die Macht und Freiheit, das zu tun was uns erfüllt, aber irgendwo nun auch mal nicht. Nicht jeder kann seine Träume erfüllen oder große Ziele anstreben. Häufig ziehen uns das Leben oder der Geldbeutel einen Strich durch die Rechnung.
Diese Relativierung im Hinterkopf denke ich jedoch, dass das Buch für all diejenigen eine erstklassige Lektüre bietet, die etwas Motivation suchen, Entscheidungshilfe benötigen, oder sich ein wenig deplatziert im Leben fühlen. Oder auch diejenigen, die sich gern mit philosophischen Fragen des Lebens auseinandersetzen. Wenn man die Lehren aus dem Buch auf erreichbare Ziele, Wünsche und Träume anwendet, dann liefert diese Herangehensweise eine wertvolle Sicht auf das eigene Leben – und unseren Platz und Zweck auf dieser Erde.
Fortsetzungen zu Das Café am Rande der Welt
Wer Das Café am Rande der Welt gelesen hat und voller Mut zu Neuem zurück in die Realität kehrt, sollte unbedingt auch die Fortsetzungen Wiedersehen im Café am Rande der Welt und Auszeit im Café am Rande der Welt lesen. Wie auch das erste Buch sind diese leicht und schnell zu lesen, stecken voller kleiner Lehren und Anekdoten und bringen einen regelmäßig zum Schmunzeln. Die Bücher setzen zu späteren Zeiten an anderen Orten in Johns Leben ein, wenn er selbst neue Fragen zu beantworten hat sowie anderen als Mentor unter die Arme greift – gemeinsam mit Casey und Mike, einer weiteren Figur aus dem ersten Buch der Reihe.