Ein #postfaktisches Jahr geht zu Ende – ein trauriges für den Journalismus auf der ganzen Welt. Noch so eins brauchen wir nicht. Während Worte wie „Lügenpresse“ und „FakeNews“ die deutsche Medienlandschaft bestimmten, zahlreiche Journalisten in der Türkei verhaftet wurden und das polnische Parlament die Pressefreiheit massiv einschränkte, erhielt Bob Dylan den Literaturnobelpreis. Macht diese Wahl 2016 auch zu einem traurigen Jahr für die Literatur? Das kommt wohl auf die Perspektive an. Während einige Autoren – teilweise unter finanziell eingeschränktesten Mitteln – literarische Meisterwerke produzieren und ihr Leben lang nur davon träumen können, einer solchen Ehre Teil zu werden, scheint Großmeister Dylan dafür gerade einmal ein Schulterzucken übrig zu haben. Ein Schlag ins Gesicht für jeden, der den Preis mindestens ebenso verdient und in jedem Fall mehr gewürdigt hätte. Vielleicht wird man als waschechter Weltstar im Laufe seiner Karriere und nach zahlreichen Auszeichnungen – da wären neben diversen Grammy-Awards auch ein Oscar und der Pulitzerpreis – derartigen Verleihungen einfach überdrüssig. Oder Dylan selbst weiß, dass es durchaus bessere Kandidaten gegeben hätte.
Auf der anderen Seite lässt sich jedoch nicht bestreiten, dass Dylans poetisches Werk einen Meilenstein in der Kulturgeschichte Amerikas darstellt. Und vielleicht ist die Hinwendung eines literarischen Preises zur Popkultur ein ebenso großer Meilenstein für die Literaturbranche, die sich Jahrzehnte lang wie eine eingefleischte, überhebliche Brut selbst huldigte. Nun begegnen sie einem, dem – ebenso überheblich – ihre höchste Auszeichnung völlig egal ist.
Doch während der Rest der Welt am Rad zu drehen schien und über all die unfassbaren, schockierenden und traurigen Momente dieses Jahres berichtet und diskutiert wurde, versuchen wir uns bei Digitur heute an unserem ganz persönlichen Jahresrückblick. Denn so gerne wir 2016 gehen sehen, gab es doch auch schöne Momente, in denen unsere Redakteurinnen tolle Veranstaltungen besuchen, großartige AutorInnen interviewen und über interessante Themen berichten durften. Zu unseren Highlights gehören da sicher die Leipziger und Frankfurter Buchmesse, aber auch die LitBlog-Convention in Köln oder der future!publish-Kongress und die Electric Book Fair in Berlin.
Neben Interviews mit Tilman Rammstedt über sein Projekt Morgen mehr und Justine Solomons von Byte the Book führten wir unter anderem Gespräche mit Dennis Levin, dem Gründer von Thadeus Roth, und Marion Schwehr über die Poetik von Metadaten.
Im Juli berichtete Digitur in zwei Artikeln über das ambitionierte E-Book-Projekt Willkommen! Blogger schreiben für Flüchtlinge und bereits im Juni machten wir auf die Unstimmigkeiten zwischen der VG Wort und den Universitäten über die Bereitstellung elektronischer Semesterapparate aufmerksam, die auch unser Gastautor Thomas Ernst im November noch einmal beleuchtete. Gerade mit der – zumindest vorübergehenden – Lösung dieses Problems und dem Launch unserer Facebook-Seite blicken wir auf ein erfolgreiches Digitur-Jahr zurück und freuen uns, unsere LeserInnen im nächsten Jahr wieder begrüßen zu dürfen.
In diesem Sinne: Hasta la Vista 2016 und hoch die Tassen auf ein besseres Jahr 2017!
Von Larissa M. Cremer