Fundstück: „Kleinstadtnovelle“ von Ronald M. Schernikau

„Kleinstadtnovelle“ von Ronald M. Schernikau (Bild: Leonard Masloch)

ahnung von liebe schon jetzt in der steinzeit“

1980 erstveröffentlicht und immer noch lesenswert: In seiner Kleinstadtnovelle thematisiert Ronald M. Schernikau die Schwierigkeit, sich in einer (mit heutigen Begriffen) hetero-normativen Gesellschaft zurechtzufinden, wenn man eben nicht jenen Gesellschaftsnormen entspricht.

Der schwule Protagonist, dessen Name nur mit b. abgekürzt wird, verliebt sich in seinen Schulkameraden leif. Eine sich zwischen beiden entwickelnde Liebhaberschaft wird letztlich zu einem Schulskandal, nachdem leif b. der Verführung beschuldigt und diese meldet. In der Kleinstadt entwickelt sich rasch ein öffentlichkeitswirksames Schauspiel, auf dessen Höhepunkt die Eltern, Lehrer*innen sowie b. und leif auf einer Schulkonferenz Stellung zum vermeintlichen Skandal beziehen sollen.

Schernikau schafft es hier auf nicht einmal 90 Seiten die Absurdität der selbstzerstörerischen Befolgung toxischer Männlichkeitsideale herauszustellen und den sozialen Sinn unterdrückerischer, primär binär-kodierter Geschlechterverständnisse in durchaus auch kapitalismuskritischer Weise zu hinterfragen. Kleinstadtnovelle ist ein trauriges, aber subtil hoffnungsvolles Buch, das leider noch immer aktuell ist.

„der wille zur subkultur? auch, und die einsicht: kein glück hier und heute. wer das weiß, widersprüche unlösbar sein läßt und sich konzentriert auf machbares, der hat zukunft.“

Kleinstadtnovelle ist zur Zeit beim Konkret Literatur Verlag im Programm und kostet 12,00 Euro.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert