Der Workshop zum Thema „Nach dem geistigen Eigentum? Digitale Literatur, die Literaturwissenschaft und das Immaterialgüterrecht“ an der Universität Duisburg-Essen rückt näher. Digitur hat allen Referenten vorab schon drei Fragen gestellt – um noch vor dem Workshop herauszufinden, was die Referenten zum Thema so umtreibt.
Hermann Cölfen ist Kustos der Germanistik und Prodekan der Fakultät für Geisteswissenschaften an der Universität Duisburg-Essen. Er ist unter anderem Internet-Beauftragter der Gesellschaft für Angewandte Linguistik.
1. Was interessiert Sie am Thema des Workshops „Nach dem geistigen Eigentum?“?
Zurzeit wird der Begriff des geistigen Eigentums ja überaus kontrovers diskutiert, wobei aus meiner Sicht vor allem die digitalen Produkte bzw. die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung die Diskussion vor einigen Jahren angestoßen haben. Die Motive der einzelnen Interessengruppen sind dabei durchaus unterschiedlich: vom unreflektierten ‚Verbraucher‘, der eine Chance wittert, etwas ‚umsonst‘ abgreifen zu können über durch die Digitalisierung wirtschaftlich benachteiligte Journalisten bis hin zu den Verlagen, in denen man um die Verwertungsrechte kämpft – um nur einige zu nennen. Wichtig scheint mir, die Interessen gegeneinander abzuwägen und beim so genannten Interessenausgleich zu Differenzierungen zu kommen; Letzteres scheint mir gegenwärtig noch nicht hinreichend gelungen zu sein. Im Fokus stehen dabei für mich die Autorinnen und Autoren, die immer in der Gefahr stehen, wirtschaftlich benachteiligt zu sein. Eine Reform des Rechts am geistigen Eigentum muss diese Gefahr mit bedenken.
Den Titel des Workshops verstehe ich eher provokativ bzw. auf die gängige Terminologie und deren Revisionsbedürftigkeit bezogen. Ich bin vor allem gespannt, was die Diskussion der juristischen Sicht (‚Geistiges Eigentum‘ vs. Immaterialgüterrecht) ergibt.
2. Welche Aspekte werden Sie aus Ihrer wissenschaftlichen Arbeit und/oder Ihrer beruflichen Praxis als Geschäftsführer des Universitätsverlages Rhein-Ruhr (UVRR) einbringen?
Der UVRR wurde gegründet, um Autorinnen und Autoren wissenschaftlicher Publikationen einen zuverlässigen, im Umgang freundlichen und finanziell fairen Verlag zu bieten, der einen Vollservice bietet: Beratung, Satz und Layout, angemessene Werbung und eine Preisgestaltung, die sicher stellt, dass Bücher (und E-Books) bezahlbar bleiben. Der Verlag hat sich zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit den Autorinnen und Autoren die für jede einzelne Publikation beste (materielle) Form zu finden und dabei auch neue Publikationskonzepte zu testen. Seit der Verlagsgründung werden (fast) alle Bücher parallel zum Print auch als E-Books herausgebracht. Ich berichte gern über unsere Erfahrungen in den letzten fünf Jahren, über den aktuellen Stand und mögliche neuere Entwicklungen – und nicht zuletzt über die Meinungen unserer Autorinnen und Autoren zum geistigen Eigentum.
3. Welche Fragen und/oder Probleme zum Themenfeld des Workshops sehen Sie als zentral, allerdings bisher noch unbeantwortet an?
Ich bin mir nicht sicher, inwieweit die Perspektive der Autorinnen und Autoren (sowohl (a) belletristischer als auch (b) wissenschaftlicher Literatur) zur Geltung kommt. Hier gibt es ganz unterschiedliche Ansprüche (hauptberufliche RomanautorInnen vs. GelegenheitsschreiberInnen oder wissenschaftliche Autorinnen und Autoren in befristeten vs. unbefristeten Arbeitsverhältnissen) und wirtschaftliche Verhältnisse. Wer zahlt für Open Source-Publikationen? Wie bemisst man den wirtschaftlichen Wert einer Promotionsschrift? Wie sehen alternative Modelle bei der Verwertung immaterieller Güter aus? Oder anders: Wer verdient in Zukunft an immateriellen Gütern?