Vlogs, Blogs, Twitter – immer wieder berichten wir über Funde im Web 2.0. Ein weiteres Medium wurde aber bisher vollkommen übergangen. Der gute alte Podcast, der in diesem Jahr seinen zehnten Geburtstag feiert. Ob bei ihm allerdings Partystimmung angesagt ist, ist unklar. Schließlich ruft sein erstes großes Jubiläum auch Stimmen auf den Plan, die seinen Altersruhestand prophezeien. Wir glauben nicht daran und stellen drei Literatur-Podcasts vor.
Während es zur Geburtsstunde des Podcasts noch die Seltenheit war, dass Radiostationen ihre Inhalte online zum Download verfügbar machten, gibt es nun wohl kaum einen Sender, der nicht gleich mehrere Podcasts anbietet Diese unterscheiden sich in ihrer Machart – zweitverwertetes Sendematerial – jedoch grundlegend von unabhängigen Podcasts und der Vorstellung, die ihr Erfinder, der Journalist Christopher Lydon, von ihnen hatte: Nicht an Regelungen eines Senders wie Moderation oder Sendezeit gebunden zu sein und mit den Hörern online im Dialog zu sein. Die absolute Freiheit bei der Produktion, unterstützt durch die denkbar einfachen Produktionsbedingungen.
Schränkt diese Freiheit paradoxerweise die Entwicklung des Podcasts als Verbreitungsweg ein? Glaubt man einem Spiegel Online Artikel von Anfang des Monats, ja. Das „stundenlange Reden“ mancher deutscher Podcaster führe dazu, dass Podcasts immer nur eine Nische bedienen könnten und so hinter den öffentlich-rechtlichen Formaten zurückbleiben müssten. Blogs und YouTube-Channels hätten eine sehr viel größere Massenwirkung. Die Netzgemeinde entgegnet dieser Einschätzung in Blog-Posts und Interviews vehement. Gerade die Nischen sind es doch, die den Podcast definieren. Es gibt zwar die „Laber-Podcasts“, bei denen stundenlang geredet wird (und die sich in vielen Fällen einer festen Fangemeinde erfreuen), aber eben auch Formate wie Literatur-Podcasts, die sich selbst ein relativ klar umrissenes Format kreiert haben und so einzigartig sind.
Zum Geburtstag (und als Beweis) stellen wir drei hörenswerte Literatur-Podcasts vor:
In trockenen Büchern:
Seit Juni 2013 bespricht die Autorin Alexandra Tobor in unregelmäßigen Abständen Sachbücher. Ihr Anspruch ist dabei, das Klischee der trockenen Sachliteratur aufzubrechen. Dementsprechend lebhaft sind auch ihre Buchbesprechungen. Eine Folge dauert 20-30 Minuten.
Spoiler Alert:
„Der Literaturpodcast mit nerdlichem Erfahrungshintergrund“ von Stefan Thesing und Daniel Franz („Dauergast“) widmet sich dialogisch Büchern, die ihrer Ansicht nach in den Feuilletons zu kurz kommen. Zitat: „Ich hab nicht die geringste Ahnung, worum es in dem Buch eigentlich geht und das ist eigentlich immer ein gutes Zeichen für ein Spoiler Alert […].“ Der Podcast kann auch mal zwei Stunden dauern, ist aber in Tracks gegliedert.
Poetry Foundation:
Die amerikanische Poetry Foundation setzt sich für die Präsenz von Literatur im Alltag ein. Ihre Podcasts umfassen Gespräche über neue und alte Bücher, Lesungen von Gedichten und Kurzgeschichten und Features über Autoren und/oder Epochen. Ein Gedicht des Tages erscheint – wie der Titel vermuten lässt – täglich. Eine gute Mischung aus Literatur und Hintergrundwissen.
Katharina Graef