Ein Universum im Wohnzimmer – VR auf der FBM16

Redakteurin Kristina bei ihrer ersten virtuellen Expedition auf der FBM1

Redakteurin Kristina bei ihrer ersten virtuellen Expedition auf der FBM16, CC-BY-NC

Was haben eine Achterbahnfahrt, ein Museumsbesuch und ein Fallschirmsprung gemeinsam? Man kann all das von seinem Wohnzimmer aus erleben. Wie das geht? Dank ‚Virtual Reality‛. Auf der Frankfurter Buchmesse 2016 hat Digitur-Redakteurin Kristina zum ersten Mal eine VR-Brille aufgesetzt und sich über die besten und günstigsten Nutzungsmöglichkeiten informiert.

VR – was ist das eigentlich? Mit Hilfe der Virtual-Reality-Technologie können Nutzer audiovisuelle Inhalte nicht mehr nur auf einem Bildschirm anschauen, sondern wortwörtlich in die virtuelle Welt eintauchen. Brille auf: Immersion. Die Bilder werden als 360°-Umgebung erlebbar. Je nach Ausstattung kann mit Hilfe von Bedieneinheiten an der Brille, einem klassischen Controller oder auch via Motion-Tracking über Kameras mit der virtuellen Welt interagiert werden. Einige VR-Konzepte sehen sogar haptische Feedbacks in der virtuellen Umgebung vor. Die VR-Technologie bietet Nutzungsmöglichkeiten für die Unterhaltungsindustrie, aber vor allem auch bei der Herstellung von Prototypen sowie für Simulationen z.B. in der Luftfahrt.

Für ein paar Euro in die virtuelle Welt
Virtual Reality ist längst kein exklusives Nischenphänomen mehr. Die Preise für die Hardware rangieren zwischen wenigen Euro bis zu knapp Tausend. Die günstigste Einsteigervariante ist das eigene Smartphone. Das kann zum Beispiel mit einem Pappgehäuse und zwei Linsen VR-tauglich aufgerüstet werden. Bastelanleitungen und günstige Fertigmodelle finden sich im Internet.

Auch für die Inhalte muss man nicht tief in die Tasche greifen. Auf YouTube findet man bereits jede Menge kostenloser VR-Videos. Mit der richtigen Brille kann man sich eine Achterbahnfahrt anschauen oder miterleben, wie ein Dinosaurierskelett zum Leben erwacht. Google bietet inzwischen gemeinsam mit Museen und anderen Kulturinstitutionen unter dem Namen Google Arts and Culture Rundgänge und Museumsbesuche in über 250 Einrichtungen via App an. Die Idee, Kunstwerke aus Museen digital zugänglich zu machen, wurde zwar schon im Rahmen des Europeana-Projekts 2008 realisiert, aber Google hebt mit der 360°-Technik das Konzept auf ein anderes Level. Eine Welt, in der die bisherigen materiellen und finanziellen Zugangshürden zu Kulturinstitutionen Geschichte sind, klingt traumhaft – wäre da nicht diese unbequeme Frage, ob das kulturelle Erbe der Menschheit bei Google in den richtigen Händen ist.

VR in der Buchbranche
In der Buch- und Verlagsbranche ist die Virtual Reality inzwischen auch angekommen – zum Beispiel im Bereich der Buchdistribution. So stellte VLB-TIX, ein Anbieter für elektronische Titelinformationssysteme in der Buchbranche, den Entwurf für eine virtuell begehbare Buchhandlung vor. Und während im Schulbuchsegment Verlage gemeinsam mit VR-Entwicklern am digitalen Unterrichtsmaterial von morgen tüfteln, beeindruckten vor allem die Gastländer der FBM, die Niederlande und Flandern, mit gleich drei verschiedenen VR-Erlebnissen: An einer ‚unmöglichen‛ Opernvorstellung mit Texten der flämischen Dichterin Maud Vanhauwaert konnte man bei der VR-Installation De Opera von Daniël Ernst teilnehmen; drei Kurzgeschichten des niederländischen Schriftstellers Tonnus Oosterhoff, realisiert vom Künstlerkollektiv CREW & Tonnus Oosterhoff, erlebten die Messebesucher bei C.a.p.e. Drop – Dog; zum Eintauchen in eine gezeichnete VR-Kurzgeschichte von Sara Kolster und Schriftsteller Jaap Robben lud Out of Sight ein.

Sich eine VR-Brille aufzusetzen, ist ziemlich genial – aber auch gewöhnungsbedürftig. Immerhin steht man in zwei Welten gleichzeitig, sieht nur eine, während man die andere immer noch fühlt. Man könnte auch sagen: Vor der Immersion kommt die Irritation. Eine Diagnose, die vielleicht sogar auf die ganze Branche zutrifft. Ob der Literaturbetrieb es schafft, sich auf diese neue Technologie einzustellen, mit ihren Möglichkeiten kreativ und verantwortungsvoll umzugehen, bleibt abzuwarten. Lohnen würde es sich – denn warum sollten immer nur die Gamer den Spaß haben? 😉

Kristina Petzold

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