Torsten Seifert gewinnt den ersten Blogbuster-Preis

Tosten Seifert mit seinem Blogger-Paten Tilmann Winterling von 54books, Foto: Blogbuster

Torsten Seifert mit seinem Blogger-Paten Tilman Winterling von 54books, Foto: Blogbuster

In dieser Woche war es endlich so weit – im Literaturhaus Hamburg wurde erstmalig der Blogbuster-Preis verliehen. Aus 252 eingesendeten Manuskripten ging Torsten Seiferts Roman Der Schatten des Unsichtbaren über die Suche nach dem geheimnisvollen Autor B. Traven als Sieger des Literaturbloggerpreises hervor. Ins Rennen geschickt hatte den Text Blogger Tilman Winterling von 54books und bewies damit sein Gespür für herausragende Gegenwartsliteratur. Insgesamt 15 Literaturblogger hatten aus ihren persönlichen Favoriten eine Longlist erstellt, aus der eine Fachjury drei Finalisten auswählte und schließlich den Sieger ermittelte. Der Gewinnertitel wird nun von Klett-Cotta verlegt und auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse vorgestellt.

Durch den Abend der Preisverleihung führte kein geringerer als ARD-Literaturkritiker Denis Scheck. Als Teil der fünfköpfigen Fachjury hatte er bereits auf einer Pressekonferenz im Vorjahr bekräftigt: „Ich müsste mich doch im 21. Jahrhundert im Jahre 2016 blind und taub und dumm stellen, wenn ich nicht zugebe, dass ich nicht auch durchaus literarische Blogs lese, und zwar mit großem Vergnügen lese.“ Dass Literaturblogger mit ihren Texten aber nicht nur unterhalten oder Anregungen liefern können, sondern auch in der Lage sind, fundierte Empfehlungen zu geben und überdies gute Gegenwartsliteratur zu entdecken, möchte Initiator Tobias Nazemi mit dem Blogbuster-Preis verdeutlichen. Mit seinem eigenen Blog buchrevier selbst zu der wachsenden Literaturbloggerszene gehörend, wendet sich Nazemi gegen das zuweilen „milde Belächeln“ der Blogger und das Image der „naiven Euphoriker“.

„The Voice of Germany für Bücher“: Blogger mit vollem Einsatz für ihre Autoren

So oblag es ausschließlich Bloggern von Literaturblogs mit gutem Ruf, die sich mit anspruchsvoller Gegenwartsliteratur beschäftigen und bereits über eine gewisse Reichweite verfügen, die zahlreichen Einsendungen von Autoren zu sichten und jeweils einen Favoriten zu ermitteln. Als Coaches gingen sie dann mit ihren Autoren in den Pitch und die Jury wählte drei Favoriten für die Shortlist aus, erklärte Nazemi im Gespräch mit Scheck und sprach schmunzelnd von „The Voice of Germany für Bücher“. Außerdem betonte er den großen Einsatz der Blogger für ihre Schützlinge: Sie verfassten auf der Blogbuster-Website und ihren Blogs Plädoyers für ihre Autoren, informierten über sie und ihre Werke und verschafften ihnen über Social Media-Kanäle eine größere Aufmerksamkeit. Die Blogger-Paten der drei Finalisten Chrizzi Heinen (Zeilensprünge), Torsten Seifert (54books) und Kai Wieland (Lust zu Lesen) nutzten zudem die Chance, auch während der Preisverleihung für ihre Autoren zu werben. Besonders leidenschaftlich wirkte hierbei Sonja Graus von Lust zu Lesen. Schon zuvor hatte sie auf ihrem Blog hingebungsvoll die Qual der Wahl zwischen den Manuskripten unterschiedlicher Autoren beschrieben und auf kreative Weise Kai Wielands Roman Ameerikah, der sie schließlich überzeugt hatte, dem Leser nahegebracht. Auf der Blogbuster-Bühne beschrieb sie dann absolut authentisch, welch bleibenden Eindruck Bilder und Stimmung aus Wielands Manuskript bei ihr hinterlassen hatten.

Raymond Chandler meets Quentin Tarantino!

Preisträger mit Jury und Bloggerpaten

Denis Scheck, Lars Birken-Bertsch, Tom Kraushaar, Torsten Seifert, Tobias Nazemi, Tilman Winterling, Elisabeth Ruge (von links nach rechts), Foto: Blogbuster

Zum Sieg reichte es jedoch weder für Wielands Roman noch für Chrizzi Heinens außergewöhnliche Geschichte Das schwarze Loch. Die Jury, neben Scheck und Nazemi aus Literaturagentin Elisabeth Ruge, Klett-Cotta-Verleger Tom Kraushaar und Lars Birken-Bertsch von der Frankfurter Buchmesse bestehend, entschied sich für Torsten Seiferts Werk. „Klug und gekonnt, in schneller szenischer Abfolge entführt Torsten Seifert den Leser auf eine Reise in gefühltem Schwarzweiß um die halbe Welt,“ lautet ihr Urteil über den Roman Der Schatten des Unsichtbaren. Die spannende Geschichte über die unermüdliche Suche des erfolgreichen 40er Jahre-Promireporters Leon Borenstein nach dem mysteriösen Schriftsteller B. Traven gefiel und wurde von den Preisrichtern pointiert beschrieben: „Raymond Chandler meets Quentin Tarantino!“ Für Werbetexter und PR-Journalist Seifert, der bereits mit sechs Jahren Schriftsteller werden wollte, erfüllt sich nach ersten Selbstpublikationen und Manuskripteinsendungen bei Verlagen nun endlich der Wunsch nach einer Verlagspublikation seines Manuskripts. Es wird im Herbstprogramm von Klett-Cotta/Tropen veröffentlicht und auf der kommenden Frankfurter Buchmesse präsentiert. Darüber hinaus erhält Seifert einen Agenturvertrag mit der Literaturagentur Elisabeth Ruge. Überrascht und dankbar verwies der Blogbuster-Preisträger während der Preisverleihung aber auch auf die gute Arbeit seiner beiden finalen Konkurrenten: „Ich hoffe, der Rückenwind, den wir vielleicht durch Blogbuster kriegen, reicht für uns alle drei.“

Die Literaturblogger innerhalb des Literaturbetriebs

Auch Tobias Nazemi zeigt sich von Heinen, Wieland und Seifert gegenüber Digitur begeistert: „Die drei Finalisten sind sehr unterschiedliche, aber allesamt sehr talentierte Autoren. Jeder Shortlist-Titel hat das Potenzial, erfolgreich publiziert zu werden.“ Das Experiment Blogbuster ist für den Initiator absolut geglückt. Er freut sich über die enorme Beteiligung zahlreicher Autoren und ist überzeugt: „Wir Blogger haben mit Blogbuster gezeigt, dass wir im Literaturbetrieb angekommen und ein ernstzunehmender Partner sind, mit dem man auf einer professionellen Basis zusammenarbeiten kann.“

Jedoch wurde im Netz auch Kritik laut: So verweist Jürgen Gabel des Blogs Kulturproleten darauf, dass die Literaturblogger lediglich an der ersten Runde, dem Auswahlprozess für die Longlist beteiligt, von den finalen Entscheidungen jedoch ausgeschlossen seien. Sie übernehmen demnach die enorme Arbeit des Sichtens der Manuskripte, das Entscheidungsrecht über den Preisträger werde ihnen jedoch verwehrt. Vielmehr werden sie selbst zu Bewerbern, winkt doch dem Blogger-Paten des Gewinner-Autors eine fünfprozentige Beteiligung am Umsatz des Buches sowie der mit dem Sieg einhergehende Ruhm.

Bei einer solch kritischen Sichtweise sollte aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass zum einen mit Tobias Nazemi ein Literaturblogger in der Jury vertreten ist und zum anderen die Blogger auch von bekannten Mitwirkenden wie Denis Scheck profitieren, weil diese Aufmerksamkeit generieren. Zudem soll es beim Blogbuster-Preis um die Anerkennung der Literaturblogger innerhalb des Literaturbetriebs gehen. Ein erster Schritt ist mit der Initiierung eines Preises aus den eigenen Reihen und der Auswahl qualifizierter Bewerber gemacht. Der Klett-Cotta-Verlag, die Literaturagentur Ruge und die Frankfurter Buchmesse haben darauf vertraut, dass die Blogger geeignete Kandidaten ermitteln, auch wenn sich ihre Vertreter als Jurymitglieder vorbehielten, bei der letzten Entscheidung mitzusprechen. Dadurch kommt schließlich aber auch ein Miteinander zwischen Vertretern des Literaturbetriebs zustande, welches die Gruppe der Blogger integriert. Würden ausschließlich Literaturblogger die Entscheidung über den Preisträger fällen, blieben sie möglicherweise letztlich doch in ihrem eigenen Kosmos verhaftet, statt durch einen Vertreter mit anderen Mitgliedern der literarischen Welt in einen gemeinsamen Austausch zu gehen. In welcher konkreten Form dieser zukünftig stattfindet, ob sich einzelne Prozesse optimieren lassen oder die Entscheidungsgewalt anders verteilt wird, werden die nächsten Runden des Blogbuster-Preises zeigen. Tobias Nazemi befindet sich bereits wieder in Gesprächen mit Verlagen und ist hoffnungsfroh, für den Blogbuster-Preis 2018 einen Nachfolger für Klett-Cotta zu gewinnen. 

Sabrina Jaehn

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