Projekt DEAL: Lösung für Streit um Lizenzen für Wissenschaftstexte?

Der Streit um wissenschaftliche Lizenzen geht in die nächste Runde. Bild: Sara Thompson (BY-SA 2.0)

Bildungseinrichtungen zahlen jedes Jahr horrende Summen an Wissenschaftsverlage, um deren Texte für Forschende und Studierende frei zugänglich zu machen. 150 deutsche Universitäten und andere Forschungseinrichtungen wollen das nicht mehr länger hinnehmen und haben sich unter dem Namen Projekt DEAL zusammengeschlossen, um gemeinsam in Kooperation mit den Verlagen eine Lösung zu finden. Doch die Verhandlungen stagnieren seit Monaten.

Die Idee von frei zugänglichen Wissen ist eine Jahrhunderte alte Wunschvorstellung der Menschen. Trotz der Revolution durch das Internet in den 1990er Jahren scheint dieser Traum heute noch genau so weit weg zu sein wie vor dieser bahnbrechenden Erfindung. Für denjenigen, der nicht gerade an einer Uni studiert oder dort eingestellt ist, sind wissenschaftliche Texte nur durch exorbitant teure Bezahlschranken zugänglich. Diese Paywalls machen in anderen Kontexten, etwa dem Online-Journalismus, durchaus Sinn, wie wir bei Digitur bereits feststellen konnten denn auch Redakteure müssen ihr Brot verdienen. Auf wissenschaftliche Erkenntnisse kann man dieses Modell jedoch nicht übertragen. Denn die deutschen Universitäten zahlen jedes Jahr Unsummen an die Wissenschaftsverlage, um deren Bücher und Artikel für die Studierenden und Lehrenden kostenlos zugänglich zu machen. Weltweit ist dabei von einem Betrag von etwa 7,6 Milliarden US-Dollar die Rede. Das macht pro Artikel eine Summe zwischen 3.800 und 5.000 Euro aus, schätzt die Max-Planck-Gesellschaft.[1] Allen voran sind die drei Platzhirsche Elsevier, Wiley und SpringerNature, die etwa 60 % der jährlich aufzubringenden Lizenzgebühren verlangen.

Einen ersten lauten Aufschrei wegen dieser Thematik gab es bereits 2016, als die Universitäten ankündigten, zum Jahresende die digitalen Semesterapparate wegen Lizenzstreitigkeiten abschaffen zu müssen (wir berichteten). Das Thema war zu dem Zeitpunkt ein heißer Diskussionsgegenstand unter Studierenden. Seit dieser Super-GAU jedoch abgewendet werden konnte, scheint das öffentliche Interesse wieder gesunken zu sein. Auch das Projekt DEAL arbeitet eher unbemerkt von der großen deutschen medialen Öffentlichkeit. Vielleicht eine Maßnahme, um die Verhandlungen in Ruhe angehen zu können.

Das Projekt DEAL unterbreitet den Verlagen folgende Vorschläge:

  • Die DEAL-Einrichtungen haben dauerhaften Volltextzugriff auf das gesamte Titel-Portfolio (E-Journals) der ausgewählten Verlage.
  • Alle Publikationen von Autorinnen und Autoren aus deutschen Einrichtungen werden automatisch Open Access geschaltet (CC-BY, inkl. Peer Review).
  • Angemessene Bepreisung nach einem einfachen, zukunftsorientierten Berechnungsmodell, das sich am Publikationsaufkommen orientiert. (aus: Projekt DEAL: über DEAL)

Die Idee: Für jeden Artikel, der von einem Forscher geschrieben wurde, der an einer deutschen Forschungseinrichtung arbeitet, bekommt der jeweilige Verlag eine bestimmt Geldsumme, derzeit ist die Rede von 1.300 bis 2.000 Euro. Dafür darf der jeweilige Artikel weltweit kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Im Gegenzug gibt es für die deutschen Institutionen einen generellen freien Zugang zu den anderen Online-Inhalten der Verlage. Von den drei größten Verlagen sind zwei in diesem Rahmen diskussionsbereit, die Verantwortlichen von Elsevier aber sperren sich gegen die Vorschläge  vielleicht aus Angst vor finanziellen Risiken.[2] Die, die den Gewinn bislang eingestrichen haben, sind schließlich die Verlage und nicht die Forscher oder Universitäten.

Dieses Modell wäre auf der einen Seite nicht nur kostengünstiger als das bisherige – das gesparte Geld könnte in weitere Forschungen investiert werden oder für eine bessere Ausstattung von Unterrichtsräumen zur Verfügung gestellt werden. Auf der anderen Seite öffnet die Realisierung dieser Ideen die Tür in Richtung Open Access und kostenloser Bildung für alle  oder zumindest die, die an einer Uni eingeschrieben sind oder dort arbeiten einen großen Spalt breit. Bis eine Einigung zwischen den Universitäten und den Verlagen erreicht wird, wird allerdings vermutlich noch viel Zeit vergehen. Der Anfang ist jedoch gemacht.

[1] Stratmann, Martin: Hundert Prozent Open Access. Streit um teure Wissenschaftsjournale. http://www.tagesspiegel.de/wissen/streit-um-teure-wissenschaftsjournale-hundert-prozent-open-access/19544898.html (abgerufen am 22.09.2017)

[2] Börsenblatt: Elsevier-Boykott zieht Kreise. DEAL-Gespräche kommen nur teilweise voran. https://www.boersenblatt.net/artikel-deal-gespraeche_kommen_nur_teilweise_voran.1361427.html (abgerufen am 26.09.2017)

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