Eine Woche ist PEN Berlin heute alt. Doch wieso hat sich in Deutschland ein neuer PEN gegründet? Und warum steht bei dem Verein, neben Eva Menasse, erneut Deniz Yücel als Sprecher an der Spitze, nachdem er erst im Mai von seiner Position als Präsident der Schriftsteller:innenvereinigung PEN-Zentrum Deutschland zurückgetreten war?
Konflikte brodeln offenbar schon länger innerhalb des deutschen PEN-Zentrums. Vor allem um eine nötige Verjüngung und das Aufbrechen straffer Hierarchien geht es dabei – auch der Führungsstil Yücels wird kritisiert. Uneinigkeiten über die politische Positionierung des Vereins spalten die Gruppe zusätzlich. Als das Zentrum eine Haltung zum Krieg in der Ukraine einnehmen muss, werden die Unstimmigkeiten zu einem offenen Streit. Mitte März befürwortet Yücel auf der lit.COLOGNE öffentlich Waffenlieferungen an die Ukraine sowie eine Luftraumschließung über dem angegriffenen Land. Seine Amtsvorgänger:innen sehen in dieser Forderung einen Widerspruch zum „anzustrebenden Ideal einer in Frieden lebenden Menschheit“, für das PEN International sich ausspricht. Ebenso verschieden sind die Vorstellungen vom Umgang mit anderen inhaltlichen Grundsätzen. Konkret wird der Einsatz für den Schutz verfolgter Autor:innen diskutiert. Wie engagiert will die Vereinigung sein? Der Einwand, der PEN sei keine NGO, wird laut.
In der Ankündigung zur Gründung des PEN Berlin wird die Bezeichnung NGO hingegen explizit für den jungen Verein verwendet. Es sind also nicht die Grundsätze selbst, mit denen der neugegründete Verein bricht. Stattdessen wird die Charta des PEN vor allem stärker als Handlungsaufforderung begriffen. Auch strukturell ist die Gruppe anders organisiert. Deniz Yücel ist nicht alleiniger Präsident, sondern genau wie Eva Menasse einer der Sprecher:innen und Teil eines Boards aus insgesamt 11 Personen. Zu den insgesamt 367 Gründungsmitgliedern gehören außerdem bekannte Namen wie Mithu Sanyal, Linus Giese, Margarete Stokowski, Aladin El-Mafaalani, Tsitsi Dangarembga, Günter Wallraff und Nicole Seifert. Zu Ehrenmitgliedern wurden Wikileaks-Gründer Julian Assange und der russische Autor Dmitry Glukhovsky ernannt. Die offizielle Anerkennung als PEN-Zentrum durch PEN International steht zwar noch aus, Gespräche dazu laufen jedoch bereits.
Mit PEN Berlin hat sich eine deutsche Schriftsteller:innenvereinigung mit jungen Ansätzen gegründet. Eine Gruppe, die den Zusammenhang zwischen Literatur und gesellschaftlichem Engagement ausdrücklich leben will. Der Anfang dessen spiegelt sich in ihrer Aufstellung: Jung, divers, paritätisch.
Auf der Suche nach einem guten Buch stöbert sie am liebsten in Antiquariaten und öffentlichen Bücherschränken. Neben Literatur interessiert sie sich für Nachhaltigkeit und intersektionalen Feminismus und träumt davon, eines Morgens mit einem grünen Daumen aufzuwachen.