Vor kurzem vermeldete der Börsenverein des Deutschen Buches die überraschende Nachricht der stationäre Buchhandel habe im Jahr 2013 mehr Umsatz gemacht als der Online-Buchhandel. Mit einem Plus von rund einem Prozent ginge es damit seit Jahren endlich wieder aufwärts für Buchhandlungen. Aktuelle Zahlen des Bundes-verbands Deutscher Versand-buchhändler sprechen dagegen für eine Übermachtstellung von Online-Giganten wie Amazon. Ob sich Käufer also von Amazon & Co. abwenden und in der nächsten Buchhandlung kaufen, ist fraglich.
„Das ist eine kleine Sensation und ein Beleg für ein neues Selbstbewusstsein der Einzelhändler, die etwa durch Kundennähe und die individuelle Beratung punkten“, erläutert Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer der Börsenvereins des Deutschen Buchhandels die erstaunlichen Zahlen Anfang Juni im Frankfurter Haus des Buches bei der jährlichen Wirtschaftspressekonferenz. Rund 4,6 Milliarden Euro seien die Bücher wert, die 2013 im stationären Buchhandel verkauft wurden. Gleichzeitig sei der Umsatz im E-Commerce-Bereich, der rund 16 Prozent am deutschen Gesamtbuchhandel ausmacht, um ein halbes Prozent auf 1,56 Milliarden Euro gefallen. Damit könne man erstmals seit Jahrzehnten einen Umsatzzuwachs im stationären Buchhandel erkennen.
Grund für die positiven Zahlen sei, so Skipis, vor allem ein Umdenken seitens der Kunden. „Viele gehen von Amazon weg und kommen in die Buchhandlung zurück“, erklärt er. Aufgrund aktueller öffentlicher Diskussionen rund um Themen wie die Arbeitsbedingungen bei der Onlineplattform Amazon, aber auch durch Kampagnen wie „Vorsicht Buch!“ und die zunehmende Internetpräsenz vieler Buchhandlungen würden die Kunden zunehmend die Konsequenzen des Online-Handels erkennen und sich klar dagegen entscheiden. Vor allem die nachhaltigeren Geschäftsmodelle des stationären Buchhandels stünden dabei im Vordergrund und seien der Grund, warum sich immer mehr Käufer von globalen Konzernen abwendeten, heißt es in einer Pressemitteilung des Börsenvereins. „Viele Kunden möchten das System großer Online-Konzerne nicht mehr unterstützen, das letztlich die Vielfalt auf dem Buchmarkt gefährdet“, erläutert Skipis.
Mit 21,5 Millionen verkauften Exemplaren stieg 2013 neben der Belletristik (+3,5 Prozent), Koch- und Sportratgebern (+5,5 Prozent), Kinder- und Jugendliteratur (+1,3 Prozent) und der Reisesparte (+3,5 Prozent) ebenfalls der Umsatzanteil im Bereich der E-Books extrem an. Mit einem Zuwachs von 60 Prozent im Vergleich zu 2012 machen diese nun rund 4 Prozent am Gesamtumsatz aus. 2010 waren es gerademal 1,9 Millionen verkaufte E-Books. Auch das Angebot an E-Books sei 2013 gestiegen. Mittlerweile bieten, so der Börsenverein, etwa 80 Prozent der Buchhandlungen E-Books und E-Reader an. Gleichzeitig sei der Preis für ein einzelnes elektronisches Buch dagegen gesunken. Zahlten Kunden 2010 noch durchschnittlich 10,71 Euro, lag der Preis 2013 bei nur noch 7,58 Euro.
Trotz eines deutlichen Trends hin zu den elektronischen Bücherausgaben seien aber laut Heinrich Riethmüller, dem Vorsitzenden des Börsenvereins, Printausgaben noch immer sehr beliebt. „Die Akzeptanz für gedruckte Bücher bleibt hoch, zunehmend wechseln die Leser zwischen Print und E-Books“, erklärte er. Laut einer aktuellen Studie des Börsenvereins zum Thema E-Books bevorzugten rund 80 Prozent der Befragten noch immer die gedruckte Ausgabe eines Werks.
Insgesamt sprach der Börsenverein des Deutschen Buchhandels von einer positiven Entwicklung des stationären Buchhandels, die vor allem im Ausbau der Online-Geschäfts stationärer Buchhandlungen und deren Konzentration auf Beratung, Empfehlung und Erweiterung der Kompetenzen im E-Book-Bereich zurückzuführen sei.
Ob von einer generellen Kehrtwende gesprochen werden kann, ist allerdings fraglich. Laut buchreport.de stünden die Zahlen des Börsenvereins außerdem im kompletten Gegensatz zu den Zahlen des Bundesverbands Deutscher Versandbuchhändler, die den Online-Handel mit einem dicken Plus von sieben Prozent für 2013 einstuften – vor allem wegen des Online-Riesen Amazon, der allein 2013 rund 2 Milliarden Euro Umsatz machte.
Problematisch sei laut zeit.de auch, dass die Zahlen des Börsenvereins nur den gesamten Internetbuchhandel abbildeten, nicht jedoch einzelne Plattformen, sodass nicht geprüft werden könne, ob sich Kunden tatsächlich von beispielsweise Amazon abwenden. Amazon selbst legte, heißt es in der Online-Ausgabe der ZEIT, der amerikanischen Börsenaufsicht einen Jahresgeschäftsbericht vor, der für Deutschland einen Gesamtumsatz von rund 10,5 Milliarden Dollar für 2013 ausweist – und Deutschland somit zum zweitgrößten Markt nach Nordamerika macht.
Ob der stationäre Buchhandel sich also wirklich wieder erholt und die Vormachtstellung des Online-Handels nach Jahren gebrochen wurde, bleibt also unklar. Öffentliche Diskussionen um die Arbeitsbedingungen bei Amazon und die verstärkten Kampagnen im traditionellen Buchmarkt sprechen zwar für ein allmähliches Umdenken und neues Bewusstsein der Käufer, doch auch die starke Vormachtstellung des Online-Riesen wird damit – wenn überhaupt – nur langsam gebrochen werden können.
Anne Lenhardt
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