Schon vor der offiziellen Eröffnung der Buchmesse in Leipzig startete ein umfangreiches Programm für die Besucher. Wieso also nicht, bevor man sich in dem Gedränge in der Messehalle über die Zukunft des Buchmarkts informiert, entspannt einen Gang in die Vergangenheit wagen? Denn die Geschichte der schriftlichen Kommunikation dauert bereits seit über 5000 Jahren an. Für all diese Jahre zeigt das Deutsche Buch- und Schriftmuseum in seinen Ausstellungsräumen zum Thema „Zeichen – Bücher – Netze. Von der Keilschrift zum Binärcode“ Artfekate aus der Vergangenheit. Im Rahmen der Führung „Mit dem Tablet durch die Mediengeschichte“ wurden Interessierte durch die Ausstellung zum Thema Schriftkultur geführt.
Miteinander zu kommunizieren ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Wo die direkte Unterhaltung mit einem Gegenüber nicht möglich ist, kommen die Medien ins Spiel: Sie überbrücken Zeit und Entfernung, ermöglichen so den Informationsaustausch auch über die Distanz und bewahren Jahrtausende altes Wissen auf. Die Schriftkultur ist als wesentliches Element davon besonders wichtig. „Bilder und Zeichen fordern laufenden Gebrauch. Ansonsten wird ihre Bedeutung vergessen“, heißt es dazu in der Ausstellung.
Um richtig nah rangehen zu können, waren zahlreiche Tablets in den Ausstellungsräumen verteilt. Mit diesen können die Museumsbesucher mittels Fotografien auch an kleinste Details der Artefakte ranzoomen.
Das haben sich schon die Menschen in der Bronzezeit gedacht. Die „Himmelsschreibe von Nebra“ ist ein etwa 3.600 Jahre altes Relikt, auf der die älteste bekannte Darstellung des Himmels abgebildet ist. Ob sie kalendarischen, symbolischen oder religiösen Wert hat, ist Gegenstand von Mutmaßungen. Überlebt hat sie jedenfalls bis heute.
Ähnlich, jedoch deutlich jünger sind die „Voyager Golden Records“, die 1977 mit den gleichnamigen interstellaren Raumsonden ins Weltall geschickt wurden. Das DNB zeigt Replikate von den Scheiben, die als „ewige Wahrheiten“ gedacht waren, die in der Atmosphäre des Alls bis zu 500 Millionen Jahre unbeschadet überstehen können. Auf einer der beiden Platten befinden sich Bildinformationen, auf der anderen Audioinformationen. Vor allem Letzteres geschah mit einem Augenzwinkern: Schließlich fehlt dem potentiellen außerirdischen Finder einer fremden Schriftkultur das passende Abspielmedium für die Schallplatte aus vergoldetem Kupfer, eine Bedienungsanleitung dafür ist dennoch aufgedruckt.
Wie das Erinnern bei rein oralen Kulturen stattfindet, ist als Mitglied einer Schriftkultur nicht leicht nachzuvollziehen. Ein interessantes Ausstellungsstück ist jedoch die Mnemokette der Vili. Das Artefakt dient als Gedächtnisstütze: Im 19. Jahrhundert nutze die oralen Kultur der Vili aus dem Kongo dieses Stück zur Erinnerung an Ereignisse. Sie diente zum Beispiel Rednern als Gedächtnisstütze, sich leichter an ihre Geschichten erinnern zu können. Mit ihrer Hilfe können sie sich Figur für Figur den Ablauf einer Geschichte ins Gedächtnis rufen. Das Problem dabei: Jeder erzählt eine Geschichte anders, und so eignet sich dieses Medium nicht, um genaue und detaillierte Beschreibungen wiederzugeben.
Die Ausstellung endet mit einem Blick in die Zukunft, in der die Digitalisierung laut fünf Künstlern einen noch größeren Einfluss auf unser Leben zu haben scheint. Diese entwickelten Zukunftsideen in der Größe eines Röhrenmonitors, die vielleicht die Vernetzung der Zukunft zeigen. Darunter auch Tim und Detlef John, die die Zukunft der Schrift mit dem Turmbau zu Babel vergleichen. Zur Erinnerung: In dieser biblischen Geschichte wollen die Menschen einen Turm bis in den Himmel bauen, um Gott gleichzukommen. Als Strafe dafür leitet Gott das Ende der Universalsprache ein und viele verschiedene Sprachen entstehen auf der Welt.
Tim und Detlef John nutzen dieses Motiv nun, um den Vergleich zu Emojis zu ziehen: Kaum eine schriftliche Kommunikationssituation kommt heute ohne die lachenden Gesichter aus. Vereinheitlichen wir somit wieder unsere Sprachen? Schließlich versteht jeder, der in einer Schriftkultur aufgewachsen ist, was ein gelber Kreis mit Lachgesicht bedeutet, unabhängig von Herkunft, Alter und Bildungsstand. Es gilt abzuwarten, ob sich die Visionen der Künstler bewahrheiten werden.