Bereits auf der Leipziger Buchmesse fiel uns „CulturBooks“ auf. Ein E-Book-Verlag, der sich von gängigen Formatvorgaben und Genreeinteilungen nicht eingrenzen lässt. Sabrina Jaehn im Gespräch mit Mitbegründerin Zoë Beck.
Single, Maxi, Longplayer, Album – Statt auf literarische Genre stößt man bei „CulturBooks“ auf diese Unterteilung. Sind wir bei Ihnen auf der Suche nach digitaler Literatur überhaupt richtig, Frau Beck?
Ja, unbedingt. Aber wir wollen die Literatur nicht nach Genres sortieren, damit würden wir den Texten nicht gerecht werden. Dann doch lieber nach Länge.
„CulturBooks“ ist ein noch ziemlich junger Verlag. Erst seit Oktober 2013 verstärken Sie in Zusammenarbeit mit ihrem Verlagspartner Jan Karsten die E-Book-Branche. Wie ist das Projekt entstanden?
Die Idee hatte Jan Karsten zusammen mit Thomas Wörtche, beide geben (mit Tina Manske) das „CulturMag“ heraus, ein Online-Feuilleton. Jan rief mich irgendwann an und fragte, was ich von der Idee halte, einige der CulturMag-Kolumnen als eBook herauszubringen. Dann kamen immer mehr Ideen, z.B. vergriffene Texte von spannenden AutorInnen verfügbar zu halten, und es ging immer weiter, bis das Konzept für „CulturBooks“ geboren war. Thomas Wörtche hat sich nach seiner Starthilfe zurückgezogen.
Was ist das Besondere am Konzept von „CulturBooks“?
Uns geht es darum, gute Texte, gute Literatur als eBook verfügbar zu halten und zugänglich zu machen. Auch und besonders Texte, die aufgrund der rein marktstrategischen Überlegungen der Verlage keine Chancen haben – weil sie zu kurz oder zu lang sind, weil sie in kein Genre passen, weil man die Zielgruppe nicht einschätzen kann usw. Wir sind der Meinung, dass gute Texte gemacht werden müssen. Deshalb suchen wir Neues, deshalb machen wir Vergriffenes in Neuauflagen wieder verfügbar. Und weil der Digitalmarkt ein wichtiger Markt ist, arbeiten wir auch mit kleinen Verlagen zusammen, für die wir ausgesuchte Texte als eBook in Lizenz herausgeben.
Sie sind selbst Autorin. Ihre Werke erscheinen in Buchform und zusätzlich als E-Book. Warum haben Sie sich für die Gründung eines reinen E-Book-Verlags entschieden?
Wir machen einen reinen eBook-Verlag, weil wir dadurch sehr viel beweglicher sind. Wir können besser kalkulieren. Das unternehmerische Risiko lässt sich leichter einschätzen. Wir sind schneller und beweglicher und wir sehen vor allem auch die Vorteile des digitalen Lesens.
Sie engagieren sich auch über den reinen Verlagsbetrieb hinaus für digitale Literatur. In letzter Zeit waren Sie auf der Leipziger Buchmesse bei der Podiumsdiskussion „Words & Money“, aber auch in Berlin, im Haus der Kulturen der Welt auf dem Kongress „Literatur digital“ als Rednerin vertreten. Dass E-Books publiziert und gelesen werden, scheint Ihnen sehr wichtig zu sein.
Aber ja. Einmal finde ich das Lesen von digitalen Texten selbst sehr praktisch. Wenn ich dann noch die Vorteile sehe, z.B. für Sehbehinderte, für ältere Menschen, für all diejenigen, die nicht so schwer schleppen wollen, wenn sie unterwegs sind, oder die eine große Auswahl immer dabei haben wollen, die sofort mit dem Lesen loslegen wollen, wenn ein Text sie interessiert. Ebenso gut finde ich aber auch die Vorteile für AutorInnen: veröffentlichen zu können, ohne dass es diese Beschränkungen wie Genregrenzen, Seitenzahlen usw. gibt. Das ist ja mittlerweile absurd, gesagt zu bekommen: Tolle Geschichte, aber nur 100 Seiten, das drucken wir nicht, machen Sie mal 250 draus. Oder: Nee, Erzählungen gehen nicht, machen wir nicht. Wie auch immer: ePublishing erlaubt sehr viel mehr kreative Freiheit als Print.
Haben Sie zum Abschluss vielleicht einen Lese-Tipp aus der Welt der digitalen Literatur?
Aus unserem Verlag? Öh, alles? (Lacht.) Ich empfehle dann mal los: Aleks Scholz für Irland-, Hill Walking- und Grenzerfahrungs-Fans. Pippa Goldschmidts Kurzgeschichten, die jetzt im Mai erscheinen – von mir übersetzt – für wissenschaftsinteressierte Literaten. Angelika Reitzer für familiengeschädigte Heimatflüchtige. Thies Thiessen für nordlichternde Coming-of-Age-Erinnerer. Gerhard Köpf für all jene, die große deutsche ErzählerInnen, das Theater und die Filmwelt lieben. Anja Kümmel für SciFi-Gender-Dystopia-Historien-Fans. Frank Göhre für eine krasse Tour durch Romane, Filme und Musik. Carlo Schäfer für noch viel krassere Typen. Soll ich weitermachen? Ich würde am liebsten jeden einzelnen Titel aufzählen. Wir haben so viel Tolles. Wir freuen uns jeden Tag darüber.
Sabrina Jaehn
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