»Robo-tur«: Kann künstliche Intelligenz Kreativität erreichen?

Schreibroboter bewegen sich zwischen Maschine und Kunst. Bild: pixabay

Kann eine künstliche Intelligenz kreative Texte schreiben? Lässt sich Kreativität überhaupt künstlich erzeugen? Was sich zunächst nach reinen Zukunftsvisionen anhört, sind Fragen mit denen sich die Medienwelt tatsächlich beschäftigt. Einige Kritiker bezweifeln, dass Maschinen kreative Literatur erschaffen können, da sie nur durch Algorithmen dazu programmiert werden, Datenmengen zu verarbeiten und diese nachzuahmen. Doch lassen sich nicht auch menschliche Künstler durch fremde Arbeiten inspirieren? Sogar bestimmte stilistische Techniken wie die Montage, insbesondere der Cut-up, funktionieren nach einem ganz ähnlichen Prinzip, nämlich dem Zusammensetzen von Textbausteinen. Die Grenzen zur künstlerischen Kreativität verschwimmen immer weiter. Bereits jetzt ist es möglich, künstliche Intelligenzen Texte schreiben und Bilder malen zu lassen.

Die Kunst, Maschinen das Schreiben beizubringen

Aktuell vermarktet der Verlag Jean Boîte Éditions das Werk 1 the Road als das »erste richtige Buch, das von einer KI geschrieben worden ist.« Künstler und kreativer Techniker Ross Goodwin unternahm dafür eine Reise quer durch die USA. Ganz in Tradition von Jack Kerouacs On The Road. Das Besondere ist, das der Text durch eine künstliche Intelligenz entstanden ist, indem Uhrzeit, Mikrofon-, Kamera- und GPS-Daten während des Roadtrips verarbeitet worden sind. Das Ergebnis ist holprig und reicht natürlich noch nicht an das literarische Vorbild heran. Manche Sätze klingen allerdings überraschend gut: »It was seven minutes to ten o’clock in the morning, and it was the only good thing that had happened.« Auch wenn die Resultate der KI nicht ausgereift sind, zeigt sich ein großes Potenzial für die Literatur.

Mechanische Schreibroboter gibt es schon länger. Mit Scribit lassen sich beispielsweise Wände und Fenster bedrucken. An zwei Seilen aufgehängt krabbelt der motorisierte Roboter, nach Eingabe des Textes oder Auswahl eines Bildes, über jede beliebige Wandfläche und schreibt in wenigen Minuten den gewünschten Inhalt. Auf diese Weise können z.B. in Restaurants Menükarten an Wände geschrieben oder in Einkaufsgeschäften die Schaufenster bemalt werden. Auch Handschriften sind für Schreibroboter kein Problem – so können der Wunderpen oder Handschrift-Roboterin Sophie gleich mehrere verschiedene Handschriften imitieren.

Im Online-Journalismus sind Schreibroboter, in Form von künstlicher Intelligenz, längst nicht mehr wegzudenken. Im sogenannten automatisierten Journalismus werden kurze Meldungen, wie Wetter-, Sport- oder Börsenberichte, durch Computersysteme erzeugt. Dabei ist es den »Roboterjournalisten« nicht nur möglich, die notwendigen Daten zu sammeln und zu verarbeiten, sondern diese auch noch laufend zu aktualisieren – und das in einer unglaublich kurzen Zeit. Auch die Spracherkennung bietet viel Potenzial: Sie kann demnächst vielleicht nicht nur als Diktiergerät dienen, sondern ganze Interviews aufzeichnen und automatisch aufschreiben. Die daraus entstehenden Niederschriften müssten dann nur noch überprüft und gegebenenfalls editiert werden. Bei originelleren Textgattungen, wie Reportagen oder Kommentaren ist der Einsatz einer KI dagegen noch nicht fehlerfrei möglich. Die Stärken des automatisierten Journalismus liegen also vor allem darin, wenn es um die Verarbeitung von exakten Daten geht. Die Leser merken kaum einen Unterschied. Kein Wunder, dass in der Forschung nach Möglichkeiten gesucht wird, immer längere und komplexere Texte  durch Maschinen schreiben zu lassen.

Doch wie sieht es beim datenbasierten Verfassen kreativer Inhalte aus?

Versuche künstliche Intelligenzen auch Literatur schreiben zu lassen gibt es immer wieder. Allen voran das Künstlerkollektiv Botnik, das mit ihren »Kapiteln« zu Game of Thrones und Harry Potter für Aufsehen sorgte. Das Besondere dabei ist, dass die Texte mithilfe künstlicher Intelligenz geschrieben werden. Auf (Daten-)Basis der ursprünglichen Romane von George R. R. Martin und Joanne K. Rowling entwickelten die Macher Algorithmen die ihre Vorbilder so gut wie möglich nachahmen sollten. Die Algorithmen gewichteten Wörter und Wortfolgen, die von Martin und Rowling häufig benutzt werden. Aus den daraus entstandenen Textbausteinen wählten dann Autoren die sinnvollsten Kombinationen aus – ganz ohne menschliche Hilfe geht es also noch nicht. Auch fehlerfrei funktioniert die künstliche Intelligenz nicht, so weisen die Texte noch grammatikalische Fehler auf, insbesondere beim Satzbau und der Semantik. Gerade Sätze wie: »He saw Harry and immediately began to eat Hermione’s family.« und »The tall Death Eater was wearing a shirt that said ›Hermione Has Forgotten How To Dance‹, so Hermione dipped his face in mud.«, sind sehr skurril. Dennoch ist es erstaunlich wie nah eine KI menschlichem kreativem Schreiben kommt. Studio Botnik steckt auch hinter dem Märchen Die Prinzessin und der Fuchs im Stil der Gebrüder Grimm, von dem Digitur schon berichtet hat.

Auch wenn es einer künstlichen Intelligenz bisher nicht möglich ist, ohne menschliche Hilfe kreative Literatur zu verfassen, kann sie als Inspiration dienen und in kreative Prozesse integriert werden. Wort- oder Satzvorschläge können Autoren Anregungen geben oder ihnen über Schreibblockaden hinweghelfen. Jegliche Spielereien sind möglich. Außerdem sind die Ergebnisse der KI-Texte zumindest oft sehr unterhaltsam.

Lena Kosakowski

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