Für ein herzliches Willkommen!

Cover - Willkomen! Blogger schreiben für Flüchtlinge

Der Erlös  des E-Books wird an „Blogger für Flüchtlinge” gespendet.

Brennende Asylbewerberheime, Attacken von rechten Mobs auf verängstigte Flüchtlinge und die AfD, die als angebliche „Alternative” für „besorgte Bürger” Hass und Ängste gegen die „Fremden schürt, zeichnen ein düsteres Bild deutscher ‚Willkommenskultur‛. Dass es aber auch Menschen gibt, die mit Herzlichkeit und großem Engagement auf die Hilfesuchenden zugehen, zeigen die bewegenden und aufrüttelnden Texte des E-Books Willkommen! Blogger schreiben für Flüchtlinge. Darin räumen die Autoren mit Vorurteilen auf, beziehen Stellung gegen Rassismus und Fremdenhass und erzählen vor allem ganz persönliche, reale Geschichten von Flucht und Nächstenliebe. Einen Einblick gibt diese Rezension ergänzend zur Erläuterung des Projekts in unserem Beitrag Mit digitaler Kraft für Solidarität und Nächstenliebe.

„Ich möchte, dass die Menschen willkommen geheißen werden. Wir müssen warten, wer kommt, und dann auf sie eingehen.” Diesen Worten folgten Taten! In Mama Bibis geduldete Söhne berichtet die freie Autorin Jessica Sabasch von Brigitte und Monika, zwei Nachbarinnen, die 30 Jahre lang lediglich nebeneinanderher lebten, bis fünf Männer aus Gambia in ihrem Dorf ankamen und die beiden Frauen in ihrem Engagement miteinander verbanden. Einer der Männer ist Mustapha. „Er fürchtet sich. Vor der Vergangenheit, vor der Zukunft und vor der Lage in seinem Land.” Brigitte will ihm die Furcht nehmen. Gemeinsam mit Monika und vielen anderen Dorfbewohnern unterstützt sie ihn und die anderen Männer aus Afrika. Sei es Hilfe beim Deutschlernen, eine Einladung zum Fußballtraining oder ein gemeinsamer Kinobesuch, fest steht: „Wir geben ihnen jetzt, was wir können.” 

Flüchtlingskrisen kennen keine Grenzen

Geschichten wie diese füllen die im Dezember 2015 bei mikrotext erschienene Anthologie Willkommen! Blogger schreiben für Flüchtlinge. Zu den Verfassern zählen die österreichische Autorin Stefanie Sargnagel und Sängerin Sarah Connor ebenso wie Radiomoderatorin Karen Scholz, Modebloggerin Madeleine Alizadeh oder der bloggende „handelsübliche Vater” Alex. Jeder einzelne Autor der insgesamt 54 Beiträge bringt seinen individuellen Zugang zum Thema mit und so handeln die Texte, ganz gleich ob als Statusmeldungen, Brief oder Bericht, von Flüchtlingsgeschichten aus unterschiedlichen Ländern und aus verschiedenen Zeiten.

Platz ist für Schicksale aus der Gegenwart von Geflüchteten, wie das der Syrerin Amina, die aus Todesangst vor dem Assad-Regime aus ihrer Heimat floh. „Dort wirst du nicht eingesperrt. Sie töten dich einfach”, erklärt sie Bloggerin Miriam Müller. Ebenso berücksichtigt die Anthologie aber auch Erlebnisse von heimatlosen Hilfesuchenden vergangener Zeiten, wie im Kontext des Zweiten Weltkriegs. Der Blogger Kurt Saar-Schnitt berichtet bspw. von seiner Großmutter aus Pommern, die im Januar 1945 von russischen Soldaten aus ihrem Heimatort vertrieben wurde. Voller Dankbarkeit, dass sie damals auf einem Hof in Schleswig-Holstein Zuflucht fand, wünscht er sich heute, „dass man bitte anderen Flüchtlingen, die alles verloren haben, auch hilft. Ihnen Unterkunft und Essen bietet und so ihre Leben rettet.”

Voller Einsatz für Geflüchtete

Dass Menschen bereit sind, Geflüchteten zu helfen und dabei auch richtig mit anpacken, zeigen Erlebnisberichte, wie der Beitrag von Jule Müller. Die Autorin schildert darin ihren Einsatz am Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), der Erstaufnahmebehörde für Geflüchtete in Berlin. Bei ihrer Ankunft findet sie „Wiesen voller Familien, die auf Pappkartons sitzen, Hunderte Männer, die seit Stunden, Tagen und Wochen in einem riesigen Mob vor dem Eingang der Behörde warten, Kinder ohne Schuhe und Helfer, die unentwegt Essen, Wasser und Hygieneartikel wie Windeln und Feuchttücher bringen” vor. Auch Jule Müller hilft, wo sie gebraucht wird und ganz gleich, ob für das Einsammeln von Müll oder die Weitergabe von Informationen, der freiwilligen Helferin wird aufrichtige Dankbarkeit von den Geflüchteten für ihre Unterstützung entgegengebracht: „Thank you very very much, Jule.”

Lucie Marshalls Sohn Sam malte mit der Nachbarstochter Greta dieses Willkommensschild und hängte es an seine Zimmertür, Foto: Lucie Marshall

Lucie Marshalls Sohn Sam malte mit der Nachbarstochter Greta dieses Willkommensschild für drei pakistanische Jungs und hängte es an seine Zimmertür. Foto: Lucie Marshall

Auch Bloggerin und Kolumnistin Lucie Marshall berichtet von ihrem Engagement vor dem LAGeSo: „Ob Lebensmittel verteilen oder Spenden sortieren, Hilfe wird immer benötigt.” Darüber hinaus fährt sie Geflüchtete zu Menschen nach Hause, die sie für eine gewisse Zeit bei sich beherbergen. Hierbei trifft sie sogar auf eine Frau, die bereitwillig ihr Wohnzimmer einer obdachlosen Flüchtlingsfamilie nach der anderen zur Verfügung stellt, bis ihnen jeweils eine Unterkunft zugewiesen wird. Lucie Marshall selbst hat drei pakistanische Jungs bei sich aufgenommen. Sie beschreibt die Zeit mit ihnen als eine „riesige Bereicherung”. Für die Bloggerin gilt: „Teilen macht glücklich, helfen sowieso.” Ebenso entschied sich die Sängerin Sarah Connor eine syrische Mutter mit ihren fünf Kindern bei sich aufzunehmen. Unter dem Titel Was ich geben will beschreibt sie, wie sie ihre eigene Familie von diesem Schritt überzeugen konnte sowie das Zusammenleben mit den Neuankömmlingen. Sie schließt mit den Worten: „Ich kann verstehen, dass nicht jeder Flüchtlinge bei sich aufnehmen kann oder will. Aber was sich jeder erlauben kann, ist, ein bisschen Wärme, Nähe, Trost und Liebe zu spenden, ohne sich fürchten zu müssen.”

Klare Worte gegen Angst und Fremdenhass

Furcht und Ängste scheinen einige Menschen beim Thema Flüchtlinge umherzutreiben. Doch Angst wovor? Auch im Beitrag von Bloggerin Juna Grossmann heißt es: „Angst, immer wieder diese ‚Deutsche Angst‛, vor nichts, schon vorsorglich, man weiß ja nie.” Angesichts der Deutschen Historie fragt sie sich: „Haben wir nichts gelernt? Müssen wir wieder zusehen, wie Menschen vor Verfolgung und Tod versuchen zu fliehen, und wir schließen die Tore vor ihren Gesichtern?” Es seien zu viele und so langsam reiche es auch. Man habe nichts gegen Ausländer, aber … , heißt es immer wieder. Nach einem Kommentar dieser Art eines 16-Jährigen unter einem NPD-Post auf Facebook, reicht es hingegen Radiomoderatorin Karen Scholz. In ihrem Artikel Der Flüchtling klaut mir den Fernseher findet sie deutliche Worte gegen solche fremdenfeindlichen Aussagen: „Wer ernsthaft gegen Flüchtlinge hetzt, wer verlangt, sie abzulehnen, ist Abschaum und Schande für das ‚Vaterland‛, das er angeblich so tatkräftig schützen will. Schämen solltet ihr euch. Alle.” Auch für Autor Frank Stauss ist die Zeit gekommen, sich gegen rassistisches Verhalten zu positionieren: „Es ist Zeit für eine glasklare Haltung. Kein Wackeln. Kein Zaudern. Kein Zögern. Die Menschen in Deutschland wollen in ihrer überwältigenden Mehrheit, dass die Menschlichkeit gewinnt.”

In allen 54 Texten des E-Books Willkommen! Blogger schreiben für Flüchtlinge wird eine solche Solidarität mit Geflüchteten aus verschiedenen Teilen der Welt deutlich. Außerdem zeigt die Anthologie durch die Darstellung des Themas Flucht in seinem historischen Kontext: Flucht ist keine neue Erfindung. Möglicherweise ist die aktuelle Flüchtlingswelle die Chance der gegenwärtigen Generation, Hilfe zurückzugeben, die den eigenen Vorfahren entgegengebracht wurde. Darüber hinaus wollen die Autorinnen und Autoren sowie das Herausgeberteam aber auch aktiv durch das E-Book Hilfe leisten. Sie stellten ihre Texte kostenfrei zur Verfügung und arbeiteten ehrenamtlich an diesem Projekt mit. Der Erlös kommt der Spendenaktion Blogger für Flüchtlinge zugute.

Sabrina Jaehn

2 Kommentare

  1. „Mög­li­cher­weise ist die aktu­elle Flücht­lings­welle die Chance der gegen­wär­ti­gen Gene­ra­tion, Hilfe zurück­zu­ge­ben, die den eige­nen Vor­fah­ren ent­ge­gen­ge­bracht wurde.“

    Ein sehr schönes Statement.

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