Online-Journalismus – von Bezahlschranken und AdBlockern

Bahnübergangsschild als Sinnbild für Bezahlschranken im Online-Journalismus.

Bezahlschranken oder Paywalls sollen Online-Journalismus finanzieren. Bild: CC0 pixabay.com

Immer häufiger treffen Internet-NutzerInnen bei journalistischen Online-Angeboten auf sogenannte Bezahlschranken oder Paywalls. Dass für qualitativ hochwertigen Journalismus langfristig funktionierende Bezahlmodelle gefunden werden müssen, liegt auf der Hand. Aus Sicht der Medienunternehmen verstärken zudem abnehmende Abo-Zahlen im Printbereich die Notwendigkeit, mit den Online-Angeboten Geld zu verdienen („Paid Content“). Wir haben uns einmal angeschaut, welche Finanzierungsmodelle es bei deutschen Online-Zeitungen bereits gibt und wie sie angenommen werden.

Laut einer BITKOM-Studie (Juni 2016) sei die Bereitschaft, für journalistische Online-Inhalte zu zahlen, zuletzt gestiegen. In den der Studie vorangehenden zwölf Monaten hätten 36 Prozent der befragten NutzerInnen für Online-Journalismus gezahlt, im vorherigen Studienzeitraum seien es noch 31 Prozent gewesen. Die Befragten, die nicht für Online-Nachrichten zahlten, hätten dafür als Grund überwiegend das breite kostenlose Nachrichtenangebot angegeben (73 Prozent). Auch wenn der Anteil der Zahlenden im Netz trotz steigender Tendenz noch gering ist, bleibt zu hoffen, dass er weiter wächst.

Bezahlmodelle im Online-Journalismus

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) listet insgesamt 698 deutsche Zeitungswebsites. 216 werden als Nutzer von Bezahlmodellen angegeben, also ein knappes Drittel (Erläuterungen zu diesen Zahlen gibt es hier). Dabei kommen unterschiedliche Modelle zum Einsatz. Diese ordnet der BDZV in vier Kategorien ein: Harte Bezahlschranken, das Freemium-Modell, das Metered-Modell und das Spendenmodell.

  • Eine harte Bezahlschranke besteht dann, wenn alle Inhalte eines Mediums nur für zahlende AbonnentInnen zur Verfügung stehen. Dieses Modell kommt derzeit recht selten zum Einsatz, denn es birgt das Risiko, LeserInnen und Traffic zu verlieren (laut BDZV zu finden u. a. bei: Braunschweiger Zeitung, Rhein-Zeitung, Westfälische Rundschau).
  • Das Freemium-Modell versieht nur einzelne, z. B. aus Sicht der anbietenden Zeitung besonders exklusive, interessante Inhalte mit einer Bezahlschranke. Dieses Modell wird zurzeit am häufigsten genutzt, vermutlich auch weil das Risiko des Verlusts von LeserInnen oder Traffic gegenüber der harten Bezahlschranke deutlich geringer ist (laut BDZV zu finden u. a. bei: Bild, Die Welt, FAZ).
  • Beim sogenannten Metered-Modell wird den NutzerInnen ein bestimmtes Kontingent an Artikeln kostenlos angeboten. Nach dem Erreichen der Grenze muss eine Registrierung erfolgen. Dadurch wird teilweise noch ein weiteres Kontingent verfügbar, im nächsten Schritt müssen dann aber die Inhalte bezahlt werden. Das kostenlose Kontingent kann dabei ganz unterschiedlich ausfallen und z. B. pro Monat angelegt sein, auch eine zeitliche Begrenzung der Nutzung ist möglich. Das Modell erlaubt es den NutzerInnen, sich zunächst einen guten Eindruck des Angebots zu verschaffen, bevor sie sich für ein Abo entscheiden. Das Metered-Modell kommt unter den hiergenannten Möglichkeiten am zweithäufigsten zum Einsatz (laut BDZV zu finden u. a. bei: Main-Post, Neue Osnabrücker Zeitung oder Ruhrnachrichten).
  • Das Spendenmodell bzw. die freiwillige Bezahlung setzt schließlich auf die freiwillige Unterstützung der NutzerInnen, die selbst entscheiden, ob und wie viel sie für das Angebot bzw. den konsumierten Inhalt bezahlen möchten. Dieses Modell ist derzeit am seltensten zu finden, laut BDZV nur bei: taz und Neues Deutschland (freiwillige Bezahlung) sowie Junge Freiheit (Spendenmodell).

Natürlich sind auch Varianten und Mischungen der genannten Kategorien denkbar und kommen auch in der Praxis zum Einsatz (z. B. bei der Online-Präsenz der ZEIT und der Süddeutschen Zeitung mit einer Mischung aus Freemium- und Metered-Modell). Innerhalb der Bezahlmodelle gibt es zudem auch unterschiedliche Zahloptionen, z. B. das Monats-Abo, den Tagespass oder auch den Einzelkauf von Artikeln. Auch E-Paper, die digitalen Versionen der Printzeitungen, sind gewissermaßen ein eigenes digitales Modell, das hier zumindest erwähnt werden soll. Über die konkreten Auswirkungen der Einführung verschiedener Bezahlmodelle lassen sich derzeit noch kaum konkrete, aktuelle Informationen finden. Die Unternehmen befinden sich hier sicherlich noch in einem Stadium des Ausprobierens.

Auch Anzeigen tragen aktuell bedeutend zur Finanzierung der Online-Angebote bei. Die unterschiedlichen Arten von Webbannern, z. B. Pop-Ups, können jedoch den Lesekomfort mitunter erheblich beeinträchtigen. Daher werden sie von vielen NutzerInnen grundsätzlich mit sogenannten AdBlockern umgangen. Einige Online-Zeitungsangebote sind daher dazu übergegangen, ihr kostenloses Angebot nur bei ausgeschaltetem AdBlocker sichtbar zu machen (z. B. Bild), woraufhin im Netz schnell Möglichkeiten auftauchten, diese Sperre zu umgehen. Mitunter wird von den Verlagen sogar ein generelles Verbot von AdBlockern auf rechtlichem Wege angestrebt.

Der Wert freier Informationen

Für den Einsatz von Paywalls gibt es durchaus nachvollziehbare Argumente, die 14 häufigsten hat die taz – die aus Überzeugung selbst keine ‚Mauer‘ errichtet – hier aufgelistet. Darunter findet sich neben sinkenden Print-Einnahmen oder unzureichenden Anzeigenerlösen im Netz auch die Idee, dass Menschen nur das wirklich wertschätzen, für das sie bezahlen. Der gesellschaftliche Wert frei verfügbarer, qualitativ hochwertiger Informationen darf jedoch in der Finanzierungsdebatte keineswegs aus dem Blick geraten: Aus diesem Grund setzt die taz auf das Modell der freiwilligen Bezahlung, das einen freien, gleichberechtigten, selbstbestimmten Zugang zu unabhängigen Informationen im Netz erhalten und fördern soll. Die Online-Spendenerlöse der taz belaufen sich aktuell auf rund 60.000 Euro im Monat, eine beträchtliche Summe, die allerdings auch zusammen mit den Anzeigeneinnahmen (noch) nicht für die vollständige Finanzierung von taz.de ausreicht.

Zuletzt soll nicht unerwähnt bleiben, dass es auch weitere kreative, innovative Ansätze gibt, die sich außerhalb der vorgestellten Kategorien bewegen. Über einige haben wir bei Digitur bereits berichtet, so z. B. über den Online-Zeitungskiosk Blendle oder die Finanzierung von journalistischen Angeboten durch Crowdfunding, wie es u. a. die Krautreporter durchgeführt haben. Das Thema der Finanzierung von Online-Journalismus ist übrigens keineswegs neu: Den Anfang in Sachen Paywall machte schon 1998 das Wall Street Journal. Dennoch bleibt es sicherlich noch lange ein aktuelles Thema, bei dem sich in Zukunft noch vieles tun wird. Wir sind gespannt!

Linda Englisch

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